Familienhebammen: Engel für Mutter und Kind

Hebammen für Familien gibt es in Krefeld noch nicht. Kirche und Kinderschutzbund bedauern das.

Krefeld. Tanja Wendt ist in den Familien gern gesehen. Ihre Tipps sind gefragt, vor allem junge Mütter vertrauen ihr: Die 29-Jährige ist Familienhebamme und begleitet viele Schwangere, deren Lebenssituation bereits durch soziale und gesundheitliche Belastungen erschwert ist.

Bis zum ersten Geburtstag des Kindes kann ihre Unterstützung dauern. „Je nachdem, welche Hilfe die Frauen brauchen.“ Das Anfang des Jahres in Kraft getretene neue Kinderschutzgesetz macht diese Hilfe auch in Krefeld künftig möglich.

Familienhebammen benötigen für ihre weitreichende Aufgabe eine Zusatzausbildung, um besonders Familien mit sozialen Problemen helfen zu können. „Sie lernen, ihr Baby zu lesen, seine Bedürfnisse, seine Laute, seine Mimik zu verstehen — und es entsprechend zu versorgen und in seiner Entwicklung zu fördern“, erzählt Tanja Wendt. Das ist für eine unerfahrene Mutter nicht selbstverständlich.

Doch nicht nur aus Unwissenheit kann die Gesundheit und Entwicklung eines Babys gefährdet sein. „Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass sich prekäre wirtschaftliche Verhältnisse sowie chronische Erkrankungen, insbesondere Suchterkrankungen, stark auf das Familienleben auswirken“, sagt Dietmar Siegert vom Kinderschutzbund.

Vor allem junge Eltern oder alleinerziehende Mütter seien in solchen Lebenssituationen stark gestresst, genervt und überfordert im Umgang mit einem Baby — ein gefährlicher Nährboden für Vernachlässigung, Verwahrlosung und Misshandlungen, der im Schutz der eigenen vier Wände bis zum Eintritt des Kindes in den Kindergarten in den meisten Fällen unentdeckt bleibt.

Tanja Wendt arbeitet zwar als fest angestellte Hebamme im Helios-Klinikum, doch als Familienhebamme ist sie in Krefeld nicht im Einsatz. „Das ist schade“, lautet dazu ihr Kommentar, weil dadurch die Chance auf eine frühzeitige Hilfe vertan würde.

Die Städte Moers und Kamp-Lintfort setzen hingegen bereits auf diese Betreuung. Dort ist Tanja Wendt in ein übergreifendes Netzwerk von städtischer Jugendhilfe und Gesundheitsbereich eingebunden, und das bereits vor Inkrafttreten des neuen Kinderschutzgesetzes.

Solch ein Netzwerk wünschen sich in Krefeld auch die Beratungsstellen der katholischen und evangelischen Kirche sowie des Kinderschutzbundes. Sie haben einen entsprechenden Antrag an die Stadt gestellt und bieten sich als Kooperationsträger an. Der Kinderschutzbund hat bereits sehr früh die Notwendigkeit früher Hilfen erkannt und ein entsprechendes Angebot aufgebaut.

Dazu zählt die Willkommenstasche für jedes Neugeborene, die den Eltern persönlich übergeben wird und neben Geschenken auch erste wichtige Informationen enthält. Dazu zählt die Sprechstunde für Schreibabys und neuerdings auch das Zentrum für frühe Hilfen. Hierbei arbeitet das Team bereits mit einer Familienhebamme zusammen. Diese Angebote werden vorwiegend aus Spendengeldern finanziert.

Das neue Gesetz bietet nun eine solide Finanzierung auch für die Kommunen. Im Jahr 2012 werden für die Bundesinitiative Familienhebammen und das Netzwerk Früher Hilfen 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, 2014 sind 45 Millionen eingeplant und 2015 werden es 51 Millionen sein. Danach soll die Finanzierung durch einen Fond sichergestellt werden. Wie in den Ländern und Kommunen die Mittel verwendet werden, bleibt ihnen überlassen.

Ob und wie viele Familienhebammen in Krefeld eingesetzt werden könnten, will die SPD deshalb von der Verwaltung wissen und hat einen entsprechenden Antrag für den nächsten Jugendhilfeausschuss am 31. Januar gestellt.

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