Flucht vor der Zwangsheirat

25-Jährige aus Burkina Faso fand in Krefeld eine Freundin.

Krefeld. Burkina Faso, wo liegt das eigentlich? Nicht viele Zeitgenossen können auf Anhieb sagen: im Westen Afrikas. Und von dort ist es ein weiter Weg bis nach Krefeld und Mönchengladbach, besonders dann, wenn man auf der Flucht ist wie die 25-jährige Lati-Fatou.

Auf der Flucht vor Zwangsheirat und den Erinnerungen an das, was ihr angetan wurde. Als sie zehn Jahre alt war, stimmte ihre Familie einer Genitalverstümmelung zu. An deren Folgen leidet sie noch heute.

Erste Etappe ihrer Flucht: Antwerpen in Belgien. Dort lief sie einer Krefelderin in die Hände. Die gebürtige Senegalesin, die seit 17 Jahren in der Seidenstadt lebt und deutsche Staatsbürgerin ist, war auf Shopping-Tour, als ihr Lati-Fatou vor einem Geschäft auffiel.

"Sie stand so hilflos da", erinnert sie sich, "da habe ich sie angesprochen, aber auch gleich nach ihrem Visum gefagt." Das war noch drei Wochen gültig, und so entschloss sie sich, Lati-Fatou bei Verwandten in Mönchengladbach unterzubringen.

Ihre Wohnung, die sie mit Fatima, der 25-jährigen Tochter teilt, sei zu klein, begründet sie ihren Entschluss. Außerdem versprach sie, sich um einen Rechtsanwalt zu kümmern. Den fand Sophie Franke dann auch in Krefeld.

Cyrill Janssen, seit fünf Jahren im Ausländerrecht engagiert und mit der Problematik von eingereisten Ausländern aus nicht europäischen Gebieten bestens vertraut, beantragte vor neun Monaten beim Ausländeramt in Mönchengladbach eine Aufenthaltsgenehmigung. Bisher erfolglos.

"Obwohl", so Janssen, "der Deutsche Bundestag genitale Verstümmelung an Mädchen als Menschenrechtsverletzung wertet und erwartet, dass dies in der praktischen Anwendung des Ausländerrechts und des Asylrechts berücksichtigt wird."

Bei einer Rückkehr nach Burkina Faso drohe Lati-Fatou zudem die Zwangsheirat. Sie leidet an dieser ungeklärten Situation. "Sie kann damit nicht umgehen und ist verschlossen. Der Kampf macht sie mürbe", sagt Sophie Franke, die sich auch beim sengalesischen Verein engagiert.

Außerdem würde die junge Frau neben psychischer Hilfe auch ärztliche Hilfe benötigen, um die Folgen der Beschneidung zu lindern. 2007 unternahm sie einen Suizidversuch. "Sie braucht eine Stütze."

Und die findet sie in Sophie, die eine Bezugsperson für sie geworden ist und die sie auch weiterhin betreuen will. Träume hat sich Lati-Fatou trotz ihrer misslichen Lage bewahrt: Sie möchte studieren, Ärztin werden. Die Voraussetzungen dafür hat sie mit dem Abiturzeugnis.

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