Geänderte Aussage: Angeklagter vor Freispruch?

Beteiligte hatten erst von einem Überfall mit Raub berichtet. Nun soll die Schwester des Angeklagten erpresst worden sein.

Krefeld. Warum der Angeklagte nicht früher eine wahrheitsgemäße Aussage gemacht habe, hat ihn der Richter am Ende der Verhandlung vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts am Freitag eher rhetorisch gefragt. Die Glaubwürdigkeit habe unter den mehrfach geänderten Aussagen der Beteiligten erheblich gelitten. Zunächst hatten diese von einem Überfall mit dem Raub von Bargeld und Schmuck berichtet, dies jedoch später widerrufen (die WZ berichtete).

Die Vermutung liege nach den jüngsten Geständnissen nahe, so der Richter, dass die Familienverhältnisse den Anlass für die Auseinandersetzungen gegeben hatten. Schon in der Vorverhandlung war deutlich geworden, dass möglicherweise Untreue der Auslöser war, als von verletzter Familienehre die Rede war.

Jetzt äußerten sich sowohl der 25-jährige Angeklagte als auch seine Schwester gleichlautend zu den Hintergründen für den vermeintlichen Überfall mit handgreiflichen Folgen in der Krefelder Wohnung an der Von-Beckerath-Straße. Die Schwester sei von der Familie ihres Ehemanns genötigt worden, dessen Vaterschaft per Urkunde bei einem Notar zu bestätigen und das Sorgerecht für ihre Tochter abzutreten.

Das gleichzeitige Angebot, dafür 6000 Euro zu erhalten, habe sie abgelehnt, weil sie ihr Kind behalten wollte. Dennoch habe sie ihre Tochter den Schwiegereltern übergeben. Als Druckmittel sei sie von der Familie ihres Ehemannes mit der Androhung einer Falschaussage gegen ihren Bruder erpresst worden, der wegen des vermeintlichen Überfalls angeklagt ist.

Staatsanwalt und Richter wollen sich nun vergewissern, ob die geschilderten Inhalte der beim Notar unterzeichneten Urkunden mit den Aussagen übereinstimmen. Im Falle einer Bestätigung könne der Tatverdacht des Raubes wohl nicht länger aufrechterhalten werden. Die Zeichen stehen auf Freispruch. Dennoch blieb in diesem Prozess einiges offen, zum Beispiel, woher die Verletzungen der in der Wohnung vermeintlich Überfallenen stammen.

Denkbar sei, so der Richter, dass der Angeklagte aus Zorn oder möglicherweise in Notwehr gehandelt habe. Schließlich wollte sich niemand der Beteiligten daran erinnern, wer die in Tatortnähe gefundenen Schlagstöcke benutzt und entsorgt hatte. Die Frage, was mit dem Sorgerecht für das Kind geschieht, muss die Mutter in einem anderen Prozess klären lassen.

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