40. Jubiläums-Flachsmarkt Handwerk zum Anfassen

Historische Märkte gibt es viele. Aber nur auf dem an der Burg Linn kann man den Handwerkern bei der Arbeit zusehen und zum Teil selbst mitmachen.

40. Jubiläums-Flachsmarkt: Handwerk zum Anfassen
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Über 300 Handwerker zeigen auf dem 40. Jubiläums-Flachsmarkt „Rund um Burg Linn“ ihre historischen Gewerke. Immer schaffen es die Organisatoren, hier sind Margarete Kevenhörster und Marianne Raitz von Frentz besonders engagiert und federführend, neue alte Handwerkskunst zu zeigen. 20 Aussteller sind diesmal mit dabei, die in Linn zuvor noch nie zu finden waren.

Die wohl kürzeste Anreise von allen hatte Kirchenmalerin Fabienne von der Hocht aus Oppum. Sie arbeitet im Rittersaal und ist von Interessenten umgeben. Ihnen erklärt sie die Ölversilberung einer Skulptur mit dem hauchzarten Material. „Ich habe das Mango-Holz der Inkafigur zuerst grundiert und dann lackiert.“ Damit das Blattsilber besser auf dem Pinsel haftet, fährt sie sich damit ab und zu über die Wangen, um ein wenig Hautfett auf die feinen Härchen zu bringen. Daran haftet das Silber besser. Ihr Gesicht schimmert schon leicht von den kleinen glänzenden Stückchen. „Später will ich den Besuchern eine Radierung zeigen“, erklärt sie.

Marietta Gawert aus Köln besucht den Flachsmarkt in diesem Jahr zum 15. Mal. Sie beobachtet diesmal, wie Fabienne von der Hocht arbeitet. „Es ist eine Handwerkskunst, die ich noch nicht kenne“, sagt sie. „Einfach toll.“

40. Jubiläums-Flachsmarkt: Handwerk zum Anfassen
Foto: Dirk Jochmann

Bernhard Gabert sichert alte Schätzchen für die Nachwelt. Der Künstler hat sich auf Buch- und Papierrestaurierung spezialisiert. Die originalgetreue Nachfertigung von handgetriebenen Buchschließen, -ecken und — mittelteilen sowie Deckplättchen und Ziernägeln, alles nach alter Handwerkskunst, wie sie früher die „Klausurmacher“ betrieben, zeigt er an seinem Stand.

„Früher waren sie Zierde und Schutz für die Bücher reicher Leute“, erzählt er. Die kleinen Kunstwerke sind meistens aus Messingblech und werden nach alten Vorlagen geschaffen. Die Nachbildung einer gotischen Schließe stammt beispielsweise aus dem Jahr 1490. Sogar seine Werkzeuge stellt er selbst her. Somit kann Gabert auch einzelne fehlende Schließen oder Buchecken ergänzen. „Es muss nicht der ganze Satz ausgetauscht werden und das Werk behält seinen alten Charakter.“

Ferdinand Ostermaier hat ein Problem. Er kann gar nicht so schnell authentisch alte Kessel herstellen, wie sie ihm aus den Händen gerissen werden. „Sie gehen weg ohne Ende“, berichtet er und lacht. „Da es auf den Märkten schon sehr viele ,normale‘ Schmiede gibt, habe ich mich auf den Bereich des Kesselschmiedens spezialisiert“, erläutert der Handwerker, der Metalle zu Gefäßen des täglichen Bedarfs wie Töpfen, Pfannen oder Kannen formt. Zurzeit arbeitet er an einem Becher, der noch wie eine kleine Schale aussieht. „Zuerst wird das Kupfer auf der Esse weich, dann kalt abgeschreckt und in Form geklopft.“

Er hat auch Waffen gefertigt, die bei Schaukämpfen zum Einsatz kommen. Das 2,4 Kilo schwere Schwert muss mit beiden Händen geführt werden, damit es den Ritter durch die Rüstung trifft. „Mit dem Halbschwert, einer nordischen Waffe aus dem Jahre 700, habe ich schon selbst gekämpft“, berichtet Ostermaier.

„Ich besuche den Markt jetzt zum 20. Mal“, berichtet Maria Kleinschmidt. „19 Mal als Besucherin, weil meine Schwester in Krefeld wohnt, und jetzt zum ersten Mal als Ausstellerin.“ Als die Kinder groß waren, hat sie sich noch einmal einen neuen Beruf gesucht und als Weberin gefunden. „Bis zur Gesellenprüfung und so. . .“

An der Burg Linn zeigt sie den Besuchern das breite Spektrum an Produkten, die sie in ihrer eigenen Werkstatt „handgewebt“ in Hannover herstellt. Das reicht von farbenfrohen Hand- und Geschirrtüchern, über breite Tischtücher und Wolldecken bis hin zu Schals für Damen und Herren. Auch feine Stolen aus Seide oder feinster Merinowolle fertigt Maria Kleinschmidt. Sie produziert stets Unikate und verarbeitet nie mehr als drei Farben in einem Teil. „Für ein Geschirrtuch brauche ich etwa einen Tag.“

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