Jahrestag: Feuerwehr hat aus Beinahe-Katastrophe gelernt

Vor zehn Jahren verunglückte die „Stolt Rotterdam“ auf dem Rhein. Seither hat sich die Sicherheitslage deutlich verbessert.

Krefeld. Uerdingen ist vor zehn Jahren nur knapp einer Katastrophe entgangen. Durch ein Schiffsunglück am Bayer-Anleger war eine Giftgaswolke nur dank einer günstigen Windrichtung nicht in bewohntes Gebiet gezogen. Die Havarie der „Stolt Rotterdam“ hat sich zu einem der außergewöhnlichsten Einsätze der Krefelder Feuerwehr entwickelt.

Dabei klang alles zunächst so harmlos: „Wassereinbruch in Schiff“ hieß es, als die Feuerwehr am 21. November 2001 früh morgens um 4.09 Uhr ausrückte — diese Meldung ließ den Puls des Einsatzleiters nicht wirklich ansteigen.

Ganz anders beim Eintreffen der Einsatzkräfte: Da stieg bereits dichter Rauch auf — er entpuppte sich später als giftige Wolke, die durch eine chemische Reaktion ausgetretener Laduung — 1800 Tonnen Salpetersäure in vier Tanks — mit der stählernen Schiffshaut entstanden war. Die Wärme der chemischen Reaktion hatte zudem einen Brand ausgelöst.

Zehn Tage dauerte der Einsatz, und er offenbarte einigen Nachholbedarf — sowohl bei der Ausstattung der Feuerwehr, als auch bei Warnung und Information der Bevölkerung und organisatorischen Abläufen. Heute hat Krefeld hingegen in mancherlei Hinsicht sogar Vorbildcharakter im Land. „Durch den Einsatz hat es bei manchen Leuten Klick gemacht“, sagt Oberbrandrat Kai Günther.

Gemeinsam mit Feuerwehrchef Josef Dohmen und Vize Dietmar Meißner hat Günther am Mittwoch Bilanz gezogen, was im zurückliegenden Jahrzehnt alles verbessert worden ist. Vieles geschah im Kleinen, doch so manches ist zur echten Errungenschaft geworden. Etwa das neue Sirenennetz.

Nachdem der Bund in den 80er Jahren die Anlagen abbauen ließ, bestand keine Möglichkeit mehr, die Menschen vernünftig zu warnen. Lautsprecherdurchsagen, in denen dazu aufgefordert wird, Fenster und Türen geschlossen zu halten, haben genau den gegenteiligen Effekt: „Um die Durchsage besser verstehen zu können, wird das Fenster aufgerissen“, so Günther.

Dank finanzieller Unterstützung etlicher Großbetriebe in Krefeld konnte ein Netz neuer Sirenen installiert werden. Wenn sie heulen, dann erhalten Bürger Informationen unter der Rufnummer 19700 — je nach Lage mit Bandansage oder besetztem Callcenter — und im Internet unter www.krefeld.de.

Dass für die Gefahren, die Chemiebetriebe und insbesondere Verkehrsachsen wie Autobahn und Rhein beinhalten, viel Wasser in kurzer Zeit zur Verfügung stehen muss, hat das Unglück der Stolt Rotterdam ebenfalls gezeigt. Dafür wurden neue Fahrzeuge und Systeme zur Löschwasserförderung beschafft.

Auch das Löschboot soll bald wieder einsatzbereit sein: Es wird gerade für 600 000 Euro Landesgeldern generalüberholt — in den vergangenen zehn Jahren war es häufiger defekt als einsatzbereit. Auch beim Einsatz an der „Stolt Rotterdam“ stand es nicht zur Verfügung.

Veränderungen hat es auch beim Messen von Schadstoff gegeben. Hier kooperiert Krefeld mit Mönchengladbach und Viersen: Die Feuerwehren helfen sich bei Einsätzen gegenseitig. Die Zusammenarbeit ist als Vorbild aufs ganze Land übertragen worden. Und auch auf eine Vielzahl von Verletzten, die es nur durch viel Glück vor zehn Jahren nicht gab, hat man sich durch besondere Einsatzkonzepte vorbereitet.

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