Jan Böhmermann : "Lukas ist kein Fan von mir"

Comedy: Mit seiner Poldi-Parodie kommt Jan Böhmermann nach Krefeld. Hier spricht er über Fußball und andere Nebensachen.

Sind Sie eigentlich Fußballfan?

Jan Böhmermann: Als Bremer bin ich von Geburt an Werder-Fan. Im Nachhinein muss ich sagen: Das ist der richtige Verein. Oder fällt Ihnen ein besserer ein?

Borussia Dortmund vielleicht?

Böhmermann: Genau. Oder TuS Koblenz? SV Wehen Wiesbaden?

Im Moment läuft es ja bei Werder Bremen nicht so gut.

Böhmermann: Da hat man als Dortmunder gerade gut reden. Wir haben wenigstens einen vernünftigen Trainer, keinen Fernsehstar, oder einen, der nur mit Lockenwicklern überleben kann.

Themawechsel: Glauben Sie umgekehrt, dass Lukas Podolski Comedy-Fan ist?

Böhmermann: Ich weiß, dass er kein Fan meiner Comedy ist. Ein Nationalspieler hat mir mal erzählt, dass Lukas Podolski sich furchtbar darüber ärgert. Das haben wir ja auch per Anwalt zweimal schriftlich bekommen. Lukas ist ein lustiger Typ, er mag bestimmt Comedy - aber nur, wenn er selber nicht im Mittelpunkt steht.

Können Sie sich vorstellen, was ihn daran so ärgert?

Böhmermann: Ehrlich gesagt: Nein. Im Grunde ist das ja eine Hommage - voll mit Sätzen, die nicht zu kompliziert sind, damit jeder sie versteht. Auch der Parodierte.

Vielleicht fühlt er sich von Ihnen für dumm verkauft.

Böhmermann: Welchem Fußballer wird schon die Ehre zuteil, dass er von einem Komödianten mit Erfolg parodiert wird? Höchstens noch Jürgen Klinsmann und Lothar Matthäus. Es ist doch toll, wenn man das erreicht hat.

Haben Sie auch so locker reagiert, als damals die Unterlassungsklage ins Haus flatterte?

Böhmermann: Klar, ich habe sofort Freunde eingeladen und eine Party gefeiert. Nein, ernsthaft: Ich war Mitte 20 und wurde von einem der bekanntesten Fußballer Deutschlands verklagt, mit Hilfe einer prominenten Anwaltskanzlei. Mir ist der Arsch auf Grundeis gegangen. Es war ganz furchtbar. Im Nachhinein war die Klage natürlich eine glückliche Fügung: Ohne sie hätte die Comedy nie so eine Resonanz bekommen. Das war perfektes Marketing.

Haben Sie Poldi denn schon mal getroffen?

Böhmermann: Mehrfach sogar. Das Schöne ist ja: Er weiß nicht, wie ich aussehe. Es gibt also schon vier Fotos von mir und Lukas, die im privaten Kreis gerne herumgezeigt werden. Auf zwei Bildern halte ich ihn sogar im Arm.

Ihre Form von Comedy polarisiert sehr stark, was Sie sogar mit Hass-Mails auf Ihrer eigenen Homepage dokumentieren. Wann hat Kritik sie zuletzt so richtig gekränkt?

Böhmermann: Richtig gekränkt hat mich ein Text von Hans Hoff, diesem verhärmten, schrumpeligen Alphajournalisten-Darsteller, der nur aus üblen Beschimpfungen bestand. Aber das war das allerletzte Mal, danach habe ich mir ein todsicheres, streng geheimes System zurecht gelegt, mit Kritik umzugehen. Ich habe mir gesagt: Wenn du deine Fresse hinhältst und sagst "Ich bin lustig", musst du auch damit leben, wenn Leute sagen: "Nein, bist du nicht!".

Bekommen Sie nie Zweifel?

Böhmermann: Wenn man Spaßvogel ist, dann ist der Zweifel Antriebsmotor für alles, was man tut, außer man ist Mario Barth oder geisteskrank. Doch trotz allen Zweifels könnte ich Lukas nicht machen, wenn ich nicht im Herzen felsenfest davon überzeugt wäre, dass es eine großartige Comedy ist und ich der größte Komiker aller Zeiten bin.

Eigentlich waren Sie ja von Hause aus Journalist.

Böhmermann: Stimmt. Aber mir ist es bei den Radio-Nachrichten nie gelungen, die Ironie rauszulassen. Anschlag der Hamas, 45 Tote - das kommt mit Humor nicht so gut. Da weiß man, dass man den Beruf verfehlt hat.

Man hört, dass Sie noch heute über die Stränge schlagen und die Redakteure Ihre Beiträge manchmal entschärfen müssen.

Böhmermann: Nicht nur manchmal, sondern zweimal die Woche. Schließlich nehme ich mich als Künstler wahr und habe die entsprechenden Allüren. Mein Radioquatsch ist zwar "Palim, palim", aber eben nicht nur. Da stecken auch streitbare Sachen drin.

Zum Beispiel?

Böhmermann: Wie Lukas mit den Paralympics umgeht. Ich bin ganz ehrlich: Ich kann mir das im Fernsehen nicht angucken - obwohl es natürlich eine wichtige Veranstaltung ist. Und Lukas wundert sich dann eben, warum die Paralympics überhaupt weitergehen, wo doch neulich einem Läufer aus Erschöpfung ein Bein abgefallen ist. So ein Gag trifft auf Redakteure, die anders sozialisiert sind und Bedenken haben. Resultat: Wird rausgestrichen.

Nun ist so eine Karriere als Lukas-Parodist ja vermutlich durchaus endlich. Was haben Sie denn sonst für Talente?

Böhmermann: Man kann keine Ausbildung zum Spaßvogel machen. Insofern ist so ein Lukas das Beste, was einem passieren kann. Man lernt das Handwerk auf der Bühne, geht mit Konflikten um. Das ist wie eine große Spielwiese, ein Trainingsplatz. Die Figur Lukas gibt mir Sicherheit und eröffnet Chancen - auch wenn sie manchmal nervt. Deshalb betrachte ich diese Tour als meine Abschiedstournee. Aber das sagen Howard Carpendale und die Stones ja auch dauernd.

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