Krefelder erlebte das Ende der DDR hautnah

Eugen Gerritz war beim Mauerfall in Leipzig und hat seine Erlebnisse dokumentiert.

Krefeld. Seit seiner Jugend schreibt Eugen Gerritz Tagebuch. Als der heute 79-jährige SPD-Politiker im November 1989 mit einer Delegation des Düsseldorfer Landtags nach Leipzig reist, ahnt er nicht, welche historischen Ereignisse er sich notieren wird. In den Tagen vom 9. bis 15. November entstand das „Leipziger Tagebuch“, das er auf Anregung von Johannes Rau 2004 veröffentlichte. Im 25. Jahr des Mauerfalls ist das Buch nun neu aufgelegt worden.

Mit einem Kulturprogramm wollte sich NRW damals in Leipzig präsentieren. Gerritz’ Aufzeichnungen beginnen mit der Schilderung der Reise. Bereits an der Grenze spürte er, dass eine andere Stimmung herrscht. Den Volkspolizisten interessierte weder die Zeitung, die Gerritz liest, noch wurde die obligatorische Frage nach Geld oder Schussgeräten gestellt. Seine Kollegen belächelten ihn für seine Vermutung, dass die Mauer nur noch bis Weihnachten existieren werde.

Wenige Stunden später, beim Empfang im Rathaus platzte die Nachricht herein: Die Mauer hat ein Loch. Gerritz’ letzte Notiz zum historischen Tag ist knapp und emotional: „Ich war auf einmal glücklich, hier zu sein.“

In sachlichem Stil, aber mit feiner Beobachtungsgabe, schildert der Politiker auch die folgenden Tage. Dass er sich auch auf der Straße Notizen macht, fällt auf. „Ich habe geschrieben, wurde mit Blicken fixiert, aber in Ruhe gelassen“, erinnert er sich. Die vielen jungen Menschen, die auf den Straßen an jenen Tag unterwegs sind, beeindrucken Gerritz. „Die jahrzehntelang eingefressene Angst war plötzlich von ihnen abgefallen.“ Obwohl er keine familiären Beziehungen zur DDR hat, kannte der Politiker das Land von zahlreichen Besuchen. Mit persönlichen Begegnungen und auch Freundschaften wollte er seinen eigenen Beitrag dazu leisten, dass der Kontakt zum Westen nicht abreißt. An eine baldige Wiedervereinigung glaubte er damals noch nicht, obwohl die DDR ein „Schrotthaufen“ gewesen sei.

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