Lesung Aus Mosaiksteinen wird eine sommerliche Geschichte

Zum Auftakt des literarischen Sommers in Krefeld hat Autorin Christiane Neudecker aus ihrem Buch gelesen.

Lesung: Aus Mosaiksteinen wird eine sommerliche Geschichte
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Der erste Krefelder Abend des Literarischen Sommers lebte von der Übereinstimmung: „Die Sommernovelle passt ausgezeichnet zu dem Temperaturen“, sagte Maren Jungclaus vom Literaturbüro zu Beginn. In der Fabrik Heeder saß sie mit Autorin Christiane Neudecker am berühmten roten Tisch las aus ihrem jüngsten Roman „Sommernovelle“. Er wurde gleich nach dem Erscheinen vom Norddeutschen Rundfunk zum Buch des Monats gekürt.

Die Nähe zum Norden — das ist ein Thema der Novelle, in der zwei Fünfzehnjährige auf eine Insel reisen, um in einer Vogelstation zu arbeiten. Eigentlich sind sie ja zu jung, ihre erste Bewerbung wird abgelehnt. Dann werden sie aber doch von dem Professor eingeladen. Wie sie abreisen, wie ihre Eisenbahnfahrt verläuft, welche Gedanken ihnen durch den Kopf gehen, das schildert Neudecker zu Beginn des Buches, den sie auch als ersten Lektüreabschnitt ausgewählt hatte.

Die beiden besten Freundinnen werden eingeführt, zwei Pensionäre als freiwillige Mitarbeiter und zwei Studenten. Der Professor ist noch abwesend, und er wird gleich im Text mit einem Fragezeichen versehen: „Nach dem Grund für seinen Sinneswandel fragte den Professor keiner von uns.“ Die Frage wird auch später nicht konkret beantwortet. Die Autorin lässt den Gedanken ihrer Ich-Erzählerin freien Lauf. In ihrer Erinnerung geht sie aber nicht linear vor, sondern verwebt Zurückliegendes, Gleichzeitiges und Zukunftshoffnungen ineinander. Das ergibt für den Leser die angenehme Aufgabe, die schönen, heiteren, sinnlichen, sommerlichen und auch manchmal erschreckenden Mosaiksteine für sich zusammenzusetzen.

„Ich suche lange nach dem richtigen Ton für eine Geschichte“, sagt dazu Neudecker. Im Dabeisein soll man vergessen, dass es in der Vergangenheit spielt.“ Das funktioniert deswegen so gut, weil die Autorin sich nicht über ihre Figuren erhebt: „Ich möchte sie nicht verraten“, sagt sie, „ich lache mit ihnen, aber nicht über sie.“

In der zweiten Passage wird eine Kunst angedeutet, die die Ich-Erzählerin lernen wird: Das Zählen der Vögel. Etwas, was auch die Autorin beherrscht: „Das lernt man einmal, und das lässt einen nie wieder los.“ Im dritten vorgetragenen Abschnitt schließlich wird das Mädchen von zornigen Möwen attackiert. In der fast ausverkauften Fabrik Heeder war das Publikum nicht nur von der Stimmung der Novelle äußerst angetan, sondern auch von der wunderbaren Art des Vortrags.

“ Sommernovelle, Luchterhand, 16,99 Euro.

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