Das Kresch ist unersetzlich

Die Idee, das Theater zu schließen, scheint vom Tisch. Für Krefeld ist das eine gute Nachricht.

Das Kresch ist unersetzlich
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Wer denkt, das Kresch sei überflüssig, dem sei ein Besuch empfohlen. Am Sonntagnachmittag zum Beispiel, wenn kleine Kinder ab zwei Jahren bei „Die Reise einer Wolke“ ihre Fantasie auf die Probe stellen. Gerne auch am Morgen, wenn ganze Schulklassen Stücke über Amoklauf oder Drogenrausch sehen, die ohne Zeigefinger auskommen und Jugendliche dort abholen, wo sie stehen. Am Abend dann kann man „Der Prozess“ oder „Kabale und Liebe“ sehen — Klassiker aus ungewohntem Blickwinkel, aufregend, schräg und anders.

Seit fast 25 Jahren gehört das Kresch zu Krefeld, nun taucht es unter Punkt 11 in einer internen Sparliste der Stadt auf (die WZ berichtete). Die Verwaltung erwägt die Schließung, besser gesagt: Sie hat sie erwogen. Denn nach WZ-Informationen ist der Vorschlag vom Tisch. Es spricht für die Rathausspitze, dass sie offenbar selbst bemerkt hat, welchen Bärendienst sich die Stadt damit erwiesen hätte.

Das Kresch dürfte eines der günstigsten Theater im ganzen Land sein. Da nur die künstlerische Leitung und ihre Mitarbeiter fest angestellt sind, das Ensemble jedoch frei, kommt das Haus mit 553 000 Euro Etat aus. Davon kommen 125 000 Euro vom Land, weitere 80 000 Euro sind Einnahmen. Die Stadt zahlt nicht einmal 400 000 Euro für ihr Kinder- und Jugendtheater.

Dafür bekamen die Bürger im Jahr 2012 über 20 verschiedene Stücke geboten, zu den Vorstellungen kamen mehr als 9000 Besucher. Letzteres ist kein Spitzenwert, doch es ist davon auszugehen, dass viele dieser Zuschauer ohne das Kresch für die Kultur ganz verloren wären. Im Stadttheater finden sie schlicht keine vergleichbaren Angebote.

Das Kresch füllt eine Lücke, und somit hinterließe es auch eine, wenn es verschwände. Da viele Besucher Kinder und Jugendliche sind, ginge das Aus der Einrichtung vor allem auf Kosten der kulturellen Bildung, die seit Jahren ganz oben auf der Agenda steht. Die Gesellschaft hat sich längst darauf verständigt, dass der Zugang zur Kultur Bildung befördert und soziale Probleme abfedert — das Kresch dürfte ein Musterbeispiel dafür sein.

Schließlich ist es keine reine Abspielstation für professionell produziertes Theater. Ständig erarbeiten Kinder und Jugendliche, aber auch Menschen älterer Generationen, eigene Stücke, die zum Teil über die Grenzen Krefelds hinaus für Aufsehen sorgen. Seit der Gründung im Jahr 1991 wurde das Kresch mehr als 30 Mal zu renommierten Festivals eingeladen und erhielt auf Landes- und Bundesebene mehrere Auszeichnungen.

Dass die Schließung einer solchen Einrichtung einen bundesweiten Aufschrei provoziert hätte, steht außer Frage — ist aber nicht entscheidend. Den größten Schaden hätte Krefeld davon getragen — vor allem die jungen Menschen in dieser Stadt.

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