Dem Igel und der Zipfelmaus spenden Kinder gern Applaus

Der Krefelder Biologe Uwe Becker schreibt Lyrik für Kinder. Doch über seine charmanten Gedichte können auch Erwachsene lachen.

Krefeld. Andächtig hockt die Zipfelmaus auf einer Regentonne und starrt in Richtung Wasser. Unter ihrer rot-weißen Mütze rasen die Gedanken. Denn die Sonne, die sich im Wasser spiegelt, sieht für sie „wie ein Wunderkäse“ aus: „Ob man, wenn man zu ihm springt, mit ihm in die Tiefe sinkt?“, fragt sie sich. Oder: „Ob er, wenn man an ihm leckt, nur nach grünem Wasser schmeckt?“ Die Antwort lässt Uwe Becker im Verborgenen. Nur so viel verrät er: „Maus kommt oft zum Tonnenrand, seit sie diesen Käse fand, und sitzt meist noch grübelnd dort, wenn die Sonne längst schon fort.“

Becker, der in Krefeld geboren und aufgewachsen ist, tummelt sich als Autor auf einem Terrain, das selten betreten wird: Der 49-Jährige schreibt Lyrik für Kinder. Sein erstes Buch „Igel, Igel, Kleiderbügel“ ist im Südpol-Verlag erschienen. Die rund 30 Gedichte, witzig illustriert von Ina Krabbe, spielen in der Tierwelt. Sie handeln von der schiffbrüchigen Spinne, die in einer Holzkiste hilflos Richtung Meer treibt, vom Molch, der im Modder ein Taschenmesser findet, und von der Hyäne, die beim Jagen stets versagt, weil sie so furchtbaren Mundgeruch hat. Eltern haben daran mindestens so viel Spaß wie ihre Kinder.

Das liegt daran, dass Becker sehr genau hinschaut — schon von Berufs wegen. Er ist promovierter Biologe und kennt sich mit den manchmal obskuren Verhaltensweisen von Tieren aus. Dass er diese übersteigert und sogar eigene Arten wie den Trüffelbock oder die Bummelhummel erfindet, gehört zur dichterischen Freiheit. Doch Becker greift dabei nie zur plumpen Vermenschlichung à la Disney. Seine kleinen Geschichten kippen ins Absurde, manchmal auch ins Tragikomische, und bleiben so als charmante Konstruktionen erkennbar. Die besten sind so hinreißend pointiert wie die schelmischen Reime eines Heinz Erhardt.

Kindern sind solche Vergleiche ziemlich wurscht. Sie lachen sich kaputt über die Missgeschicke des Skorpions, den stinkenden Marabu oder den Affen mit den kalten Füßen. Im Lauf der Jahre hat Becker über 300 solcher Gedichte geschrieben, mehr so zum Zeitvertreib: „Das ist nicht geplant. Es beginnt mit einer Idee und entwickelt sich dann einfach“, sagt der Autor, der im Hauptberuf an der Kölner Universitätsklinik arbeitet. „Freude an der Natur spielt dabei eine Rolle. Ich möchte Kindern das gern vermitteln.“

Sein eigenes Fachgebiet hat mit dem Tierreich nichts zu tun: Becker, der am Fichte-Gymnasium Abi gemacht hat, ist Lichenologe, also Flechtenkundler. Eigene Kinder hat er nicht, aber seine drei Patenkinder gehören zu den größten Fans von Zipfelmaus und Co. Der Nager mit der lustigen Mütze macht inzwischen sogar Karriere: In Beckers zweitem Buch, einem Gartenkrimi, jagt die mutige Maus einen Vogeldieb.

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