Theater hintenlinks Der kleine Prinz ganz anders

Peter Gutowski befasst sich in seiner einfühlsamen Inszenierung mit der Absturz-Erfahrung des Piloten Antione de Saint-Exupéry.

Theater hintenlinks: Der kleine Prinz ganz anders
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Als die ersten Zuschauer das Theater hintenlinks betreten, hat das Schauspiel schon begonnen. Eine grau gekleidete Person liegt scheinbar schlafend auf einem grauen Lager und als Hintergrund zieht sich vom Bühnenboden eine große hellgraue Stoffbahn in die Höhe. Wer dort liegen soll, ist noch nicht zu erkennen: Die Titelfigur, der kleine Prinz, vermutlich nicht, welche Beziehung diese Person zum zweiten Teil des Schauspiels, zu „Durst“ haben könnte, ebenso wenig.

Langsame leise Klänge eines Akkordeons (gespielt von Ruslan Maximovski) sind zu hören. Diese Stille, die die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gezogen hat, wird jäh durch das penetrante Klingeln eines Weckers unterbrochen. Dann schallen Stimmen und Straßenlärm durch den Raum und die Person geht dabei im Zeitlupentempo auf der Stelle.

„Ich verstehe die Welt nicht mehr“, sagt sie, der Weg sei ihr ein Rätsel und sie gesteht: „Ich wollte ein Pilot sein.“ Dann schlüpft Anuschka Gutowski aus der Rolle eines nicht weiter bestimmten Mannes in die eines Piloten. Damit wird nun deutlich, dass das Spiel bei dem begeisterten Flieger Antoine de Saint-Exupéry (1990—1944) angekommen ist.

Die Schauspielerin zieht mit ihrer Schilderung eines Flugs, der in einer Notlandung in der Wüste endet, die Zuschauer in ihren Bann. Der Pilot und der Bordmonteur überstehen die Notlandung zwar unversehrt, müssen aber doch schnell feststellen, dass sie wegen Wassermangels in großer Gefahr sind.

Als Saint-Exupéry das Kapitel Durst in seinem 1939 veröffentlichten Roman Terre des Hommes (in der deutschen Übersetzung: Wind, Sand und Sterne“) schrieb, hatte er diese Erfahrungen 1935 in der Wüste 200 Kilometer westlich von Kairo selber gemacht. Die Textfassung des Schauspiels, die Regisseur Peter Gutowski verfasst hat, basiert somit auf authentischen Schilderungen. Seine Frau setzt diese in leisen Tönen einfühlsam wie überzeugend um.

Die Gedanken, die einen Menschen in dieser Situation durch den Kopf gehen, die Versuche, seine heikle Lage in der Wüste zu überstehen, zum Beispiel mit der Suche nach Wasser, der Beobachtung der Natur — fantastisch, wie Anuschka Gutowski den Spuren eines Wüstenfuchses folgt und daraus ihre Schlüsse zieht.

Ihr Spiel, ihre Selbst- und Zwiegespräche können im Betrachter anschauliches „Kopf-Kino“ auslösen. Auch in ihrer dritten Rolle als der berühmte kleine Prinz verstärkt sie dieses Erlebnis noch. Man wird motiviert, die beiden Werke, die dieser Aufführung zugrunde liegen, noch einmal in die Hand zu nehmen und sich in aller Ruhe mit den Ansichten und der Lebensphilosophie von Saint-Exupéry zu beschäftigen. Das Theater hintenlinks bietet diese Aufführung auch für Schulklassen ab Sekundarstufe eins an.

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