Dokumentation: Mies rundum betrachtet

Dem 1:1-Modell eines nie realisierten Baus von Mies van der Rohe folgen Buch und Filme.

Dokumentation: Mies rundum betrachtet
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Ein Feld mit blauen Blumen kennzeichnet jetzt die Stelle, an der vor einem Jahr ein außergewöhnliches Kunstereignis stattfand. Von Mai bis Oktober 2013 war auf dem Egelsberg das 1:1-Modell eines nie realisierten Baus von Ludwig Mies van der Rohe zu sehen. Das vom Verein „Projekt MIK Mies van der Rohe in Krefeld“ realisierte Golfclub-Projekt sorgte weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufsehen und lockte 13 000 Besucher.

Dem Abbau des Modells folgte jetzt die mediale Aufarbeitung und Dokumentation des Projekts. Entstanden sind ein zweisprachiger Katalog sowie zwei Filme, die nun der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Das Buch hat Kuratorin Christiane Lange gemeinsam mit dem Architekten und künstlerischen Leiter des Projekts, Paul Robbrecht, zusammengestellt.

Die Buchdokumentation sei schwierig gewesen, so Lange. Der Reiz des Modells lag im unmittelbaren Erleben und nicht nur in visueller Wahrnehmung. Um dennoch optisch einen Eindruck zu vermitteln, stehen am Anfang und Ende lange Bildstrecken. Extra neu fotografiert wurden zehn der Originalpläne von Mies, die sich im Archiv des Museum of Modern Art in New York befinden.

„Das Buch ist ein Versuch, das Projekt von mehreren Seiten zu erfassen. Es soll weder ein Fotobuch noch zu wissenschaftlich sein“, sagt Lange. Dem entsprechend beleuchten die Texte verschiedene Aspekte. So skizziert Lange die Geschichte des Golfclub-Entwurfs und die Verwirklichung des Projekts. Die Architekten Paul und Johannes Robbrecht thematisieren ihre komplexen Gedanken, die sie sich bei der Umsetzung der Pläne in ein temporäres Modell stellten.

Bereits während der Ausstellungszeit gab es drei Symposien. Einige der dort gehaltenen Vorträge sind ebenfalls im Buch zu finden. Ein Beitrag zum Thema Modell in der zeitgenössischen Kunst stammt vom ehemaligen Vizedirektor der Krefelder Kunstmuseen, Julian Heynen.

Andere Möglichkeiten, ein Modell in Szene zu setzen, hat der Film. Eine 40-minütige Dokumentation kommt vom Journalisten Helge Drafz. Im Mittelpunkt steht der Bau selbst, der bei unterschiedlichem Licht, Wetter sowie in wechselnden Vegetationsphasen gefilmt wurde. „Die Kamerafrau war fast ständig vor Ort“, so Drafz. Die vielen gesprochenen Kommentare spiegeln auch den intellektuellen Prozess der Auseinandersetzung mit einem begehbaren Architekturmodell wider.

Ganz auf das visuelle Erleben verlässt sich der Kurzfilm des belgischen Fotografen Maarten Vanden Abeelen, der die Kamera immer wieder durch die Räume gleiten lässt, die Vogelperspektive zeigt und die enge Symbiose mit der Landschaft sichtbar macht. Dieser Landschaftsbezug sei in Mies’ Werk „einzigartig betont“, so Paul Robbrecht.

Lange zieht nach einem Jahr positive Bilanz. „Es hat Impulse ausgelöst, Diskussionen angeregt und zu einer größeren Öffnung für solche Themen geführt.“ Da der temporäre Aspekt beim Modell entscheidend war, bedauert sie den Abbau nicht: „aber eine Sehnsucht bleibt“.

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