Ernst Küper und die „biblische Plage“

Die Urenkel des einstigen Krefelder Oberbürgermeisters (1882 bis 1903) überlassen dem Stadtarchiv Erbstücke und Fotos.

Ernst Küper und die „biblische Plage“
Foto: NN

Krefeld. Fast genau 102 Jahre nach dem Tod des langjährigen Krefelder Oberbürgermeisters Ernst Küper im Jahr 1912 brachte sein Urenkel Rudolf Susman mit Ehefrau Maria dessen Nachlass zum Stadtarchiv an der Girmesgath. „Es sind durchaus Parallelen zu aktuellen politischen Vorgängen unserer Stadt festzustellen“, meinte Archivleiter Olaf Richter im Rückblick auf die 21 Amtsjahre (1882 — 1903) von Küper.

Ernst Küper und die „biblische Plage“
Foto: Dirk Jochmann

In der „Geschichte der Stadt“ (Band 3) gilt Küper als „der Vater der Urbanisierung Krefelds“. In der Tat wurden unter Küpers Regie so eminent wichtige Projekte wie die Kanalisierung, die ersten Straßenbahnen, die K-Bahn nach Düsseldorf, der Bau des Hafens in Linn, des Kaiser-Wilhelm-Museums und des Stadtbads an der Neusser Straße sowie die Husaren-Kaserne realisiert.

Ob Ernst Küper auch der „Urvater des Nothaushalts“ der Stadt war, darauf mochte sich Olaf Richter nicht recht einlassen. „Zumindest hat er den Weg aus seinem Nothaushalt gefunden“, stellt er fest. Auf jeden Fall war der Oberbürgermeister der erste namhafte Schuldenpolitiker. Denn für genannte und andere Projekte musste die Stadt auf Anleihen bei den Banken zurückgreifen. Alleine in seiner Amtszeit lieh sich der Oberbürgermeister rund 30 Millionen Mark, später auch „Goldmark“ genannt. Umgerechnet waren dies etwa 300 Millionen Euro.

Urenkel Rudolf Susman, der in Zürich in der Schweiz lebt, brachte auch einen relativ unscheinbaren Pokal und eine Ordensspange mit ins Stadtarchiv. Das war der Dank des damaligen Stadtrates an den OB dafür, dass es ihm gelungen war, Kaiser Wilhelm II. zu einem Besuch der Stadt zu überreden. Ein teurer Besuch, denn für Kaisers Zusage, Krefeld zur Garnisonsstadt zu machen, musste Küper für den Bau der Husaren-Kaserne, die 1906 ihre Tore für die Reiter-Schwadronen öffnete, allein vier Millionen Mark neue Schulden machen.

Im Kampf gegen die Verschuldung, auch hier findet man aktuelle Anknüpfungspunkte, griff der gebürtige Ostfriese zum beliebten Mittel der Steuererhöhungen. Das betraf nicht nur Einkommen, Immobilien und Gewerbe, sondern auch Bier- Hunde- und Lustbarkeitssteuern.

Auch damals war das ein höchst umstrittenes Instrumentarium. Aber Küper war nicht nur der Oberbürgermeister, unter dem am 18. November 1887 mit Hermann Peschkes der 100 000. Einwohner Krefelds geboren wurde — 1860 zählte die Stadt noch rund 50000 Bürger. Küper musste auch die Folgen der Massenarbeitslosigkeit und Verarmung breiter Schichten infolge der Krise der Seidenindustrie bewältigen. Als „biblische Plage“ wird jene Periode im Geschichtsbuch bezeichnet.

In Rudolf Susmans Gepäck waren auch zahlreiche Fotos von den realisierten Projekten seines Urgroßvaters wie dem seit Jahren leerstehenden Stadtbad. Auch Küpers Mitstreiter im damaligen Stadtrat sind als Schwarz-Weiß-Fotos erhalten. Samt und sonders präsentieren sich die Herren wohlgenährt, zufrieden sowie mit meist prächtigem Bartwuchs. Der Oberbürgermeister wurde damals mit 13000 Mark pro Jahr entlohnt. Ein „mechanischer Weber“ kam auf 900 bis 1000 Mark.

Familie Küper, aus der insgesamt acht Kinder hervorgingen, wohnte zuerst an der Blumenstraße 30, später am Westwall 114, in unmittelbarer Nachbarschaft der ersten Feuerwache, wo ebenfalls Ernst Küper die erste professionelle Truppe stationiert hatte.

Einer der Söhne war Carl Küper, der Großvater von Rudolf Susman. Der wanderte als Seidenhändler 1894 in die Schweiz aus, wo er 1920 eingebürgert wurde. 1902 ersuchte der Geheime Regierungsrat Küper den Stadtrat, ihn aus Gesundheits- und Altersgründen in den Ruhestand zu schicken. Er starb im August 1912.

Die Ära Küper sei für Krefeld „eine Periode ruhiger, solider, stetiger Entwicklung“ gewesen, in der viele Grundlagen für die nachfolgenden Entwicklungen gelegt worden seien, wurde in einem Nachruf festgestellt.

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