Friedrich von Schmidt — die erstaunliche Karriere eines Baumeisters

Der Architekt der Bockumer Gertrudiskirche entwickelte sich vom einfachen Steinmetz zum geadelten Wiener Architekten.

Am Südturm des Wiener Stephansdoms erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Baumeister Friedrich von Schmidt.

Am Südturm des Wiener Stephansdoms erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Baumeister Friedrich von Schmidt.

Foto: Uoaei1, Presseamt Wien, A. Bischof, M. Plattenteich

Krefeld. Ein harmonischer Raumeindruck mit kunstvoll gestalteten Details kennzeichnet St. Gertrudis in Bockum — ein gelungenes Beispiel einer Kirche im neugotischen Stil. Dieser Ausgewogenheit und Eleganz in der Architektur begegnet man auch in einem anderen Gebäude weit von Krefeld entfernt. Das prächtige Rathaus an der Wiener Ringstraße trägt die Handschrift desselben Mannes, des aus Süddeutschland stammenden Baumeisters Friedrich von Schmidt (1825-1891).

Neben dem prunkvollen Rathaus an der Wiener Ringstraße...

Neben dem prunkvollen Rathaus an der Wiener Ringstraße...

Foto: Uoaei1, Presseamt Wien, A. Bischof, M. Plattenteich

Vom einfachen Steinmetz, der wichtige Lehrjahre an der Kölner Dombauhütte verbrachte, bis zum hoch angesehenen Professor an der Wiener Kunstakademie machte Schmidt eine erstaunliche Karriere. Den Grundstein dafür legte der junge Steinmetzmeister ausgerechnet mit einem Soldatendenkmal, das der österreichische Kaiser Franz Joseph I. in Auftrag gab.

...hat er auch die Bockumer Gertrudiskirche gestaltet.

...hat er auch die Bockumer Gertrudiskirche gestaltet.

Foto: Uoaei1, Presseamt Wien, A. Bischof, M. Plattenteich

Das Denkmal findet man noch heute in einem Waldgebiet bei Köln, im Bergisch-Gladbacher Ortsteil Bensberg, nicht weit vom Schloss entfernt. In Folge der Französischen Revolution fanden 1794 in jenem Waldgebiet Kämpfe statt, bei denen auch österreichische Soldaten fielen und dort beerdigt wurden.

Seine Karriere begann mit dem Entwurf für ein Kriegerdenkmal, das noch heute in Bensberg steht.

Seine Karriere begann mit dem Entwurf für ein Kriegerdenkmal, das noch heute in Bensberg steht.

Foto: Uoaei1, Presseamt Wien, A. Bischof, M. Plattenteich

60 Jahre später war dieser Friedhof in schlechtem Zustand und fast in Vergessenheit geraten. Der kaiserliche Auftrag aus Wien, dort ein würdiges Denkmal zu errichten, ging an den Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner. Doch als preußischer Beamter wollte er sich nicht in den Dienst des österreichischen Kaisers stellen und empfahl seinen früheren Schüler Friedrich Schmidt. Der hatte sich inzwischen im Rheinland einen Namen gemacht.

Für die Gedenkstätte in Bensberg entwarf er eine Sandsteinstele im gotischen Stil, die im Juni 1854 eingeweiht wurde. Der Kaiser bedankte sich bei Schmidt mit einer hohen Auszeichnung, dem Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens.

Wien erwies sich damals als idealer Ort für einen ehrgeizigen Baumeister. Mit dem Abriss alter Stadtmauern begann die große Umgestaltung der Innenstadt, es entstand die berühmte Ringstraße mit ihren Prachtbauten im Stil des Historismus. Noch von Köln aus nahm Schmidt am Wettbewerb für die Wiener Votivkirche teil, bei dem er den dritten Platz belegte. Obwohl er viele Fürsprecher in Wien hatte, klappte der Sprung dorthin noch nicht sofort. So ging er 1858 für zwei Jahre an die Akademie nach Mailand, wo er sich in der Denkmalpflege profilierte.

Zuvor hatte er noch den Entwurf für St. Gertrudis in Krefeld erstellt, deren weitere Ausführung dann der Kölner Stadtbaumeister Julius Raschdorff übernahm. 1860 kam endlich der Ruf nach Wien, wo der Kaiser ihn zum Professor für mittelalterliche Kunst ernannte.

In den folgenden Jahren entwarf er neben Kirchen auch Profanbauten, bei denen er seiner Leidenschaft für die Gotik Ausdruck gab. Zum glanzvollen Höhepunkt seines Schaffens wurde das 1883 vollendete Rathaus. Der Kaiser erhob ihn in den Adelsstand. Als österreichischer Staatsbürger wurde Friedrich von Schmidt Ehrenbürger.

Entsprechend prunkvoll war seine Beerdigung auf dem Wiener Zentralfriedhof im Januar 1891. Von betonter Schlichtheit ist dagegen die dortige Grabplatte. Ihre Inschrift, die er selbst verfügt hat, ist Ausdruck seines künstlerischen Selbstverständnisses: „Hier ruhet in Gott ein deutscher Steinmetz“.

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