Hans Neuenfels - Unruhegeist und Regisseur

Der in Krefeld geborene Hans Neuenfels erhält am Sonntag den Niederrheinischen Literaturpreis.

Krefeld. Die Schriftstellerei ist für den diesjährigen Träger des Niederrheinischen Literaturpreises der Stadt Krefeld ein Nebenerwerb. Im Hauptberuf ist der 1941 in Krefeld geborene Hans Neuenfels Schauspiel- und Opernregisseur und als solcher trotz seiner 72 Lebens- und fast 50 Berufsjahre immer noch für Skandale gut. Er gilt als „großer Störer“, als Unruhegeist im besten Sinne.

„Ich bin neun und neugierig und heiße Neuenfels“, soll sein erster Eintrag ins Tagebuch gelautet haben, berichtet Neuenfels in seiner 2011 erschienen Autobiographie. Vom „rechten Weg“, auf den ihn seine Eltern bringen wollten, habe er früh gewusst: „Er würde mein Abgrund sein.“ So heißen seine Lebenserinnerungen wohl nicht von ungefähr „Das Bastardbuch“.

„Bastard kannst du wegen der Geburt sein, es durch gesellschaftliche Verhältnisse werden — oder dich freiwillig dafür entscheiden“, schreibt Neuenfels. Der Sohn bürgerlicher Eltern hat sich offenbar dafür entschieden, das heißt er hat sich früh für die Kunst entschieden. Der jugendliche Nobody schreibt Max Ernst, von dem er beeindruckt ist, einen Brief und wird dann für ein Jahr Assistent des großen Surrealisten in Paris.

Schauspiel und Regie hat Neuenfels am Max-Reinhardt-Seminar in Wien studiert, wo er auch seine Frau, die österreichische Schauspielerin Elisabeth Trissenaar, kennenlernt. Erste Regiestationen sind ab 1964 unter anderem Wien, Luzern und Trier, bevor er zwischen 1966 und 1968 in Krefeld zur „jungen Garde“ Joachim Fontheims gehört, des damals jüngsten Generalintendanten Deutschlands. Neuenfels reüssierte hier etwa mit Handkes „Publikumsbeschimpfung“ — im Ensemble der spätere 007-Bösewicht Gottfried John — oder auch mit Bonds Babymord-Stück „Gerettet“.

Seit 1974 hat Neuenfels über 30 Opern inszeniert, meist an ersten Adressen. 2010 übernimmt er beim „Lohengrin“ zum ersten Mal in Bayreuth die Regie, und der junge Wilde von einst sorgt auch hier wieder für Aufsehen, indem er das Ensemble in Rattenkostümen auf die Bühne schickt.

Einen regelrechten Eklat provozierte seine „Idomeneo“-Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin im Herbst 2006. In einer Szene tauchen die abgeschlagenen Köpfe von Christus, Mohammed und Buddha auf. Nach einer Warnung des Landeskriminalamtes setzte Intendantin Kirsten Harms wegen möglicher islamistischer Proteste die Aufführung ab, was zu heftigem öffentlichen Widerstand führte. Die zeitweise Absetzung hat Neuenfels der Berliner Intendantin bis heute nicht verziehen.

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