„Move in Town“ Hohenbudberg: Der getanzte Untergang eines Ortes

Tänzer zeigen in zeitgenössischer Choreographie, wie Hohenbudberg verschwand.

„Move in Town“: Hohenbudberg: Der getanzte Untergang eines Ortes
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Fünf Tänzer werden bei der Veranstaltung „Move in Town“ am 14. und 23. August am Ufer des Rheins in Hohenbudberg eine zeitgenössische Choreographie zeigen. Die Proben dafür laufen bereits seit Anfang Juli. Das erste Mal vor Ort war Choreographin Ilona Pászthy vor einem Jahr. „Wenn man in das Industriegebiet fährt, erwartet man nicht, eine Kirche mit Friedhof zu finden“, schildert sie ihren ersten Eindruck. Genau diese Irritation hat sie aufgegriffen und will sie mit ihrem Team zum Ausdruck bringen.

Die Uraufführung wird den Namen Stille tragen und wurde speziell für den Ort mitten im Chemiepark entwickelt. „Als ich mir den Ort vorgestellt habe, habe ich sofort an Lärm und Maschinen gedacht. Ich fand es beeindruckend, dass man davon dort nicht viel mitbekommt“, sagt Pászthy.

Durch den Titel soll auch der schleichende Prozess des Untergangs von Hohenbudberg symbolisiert werden. „Wir haben uns mit der Geschichte des Ortes beschäftigt. Es gibt so viele Fotos von Festen in diesem Dorf, während die Industrie nebenan immer weiter gewachsen ist.“

Bevor Bayer nach und nach die Grundstücke der Bewohner aufgekauft hat, wohnten dort 2000 Menschen, heute sind es noch zwölf. „Das Dorf wurde von der Industrie verdrängt, aber das ist ganz langsam passiert. Diesen schleichenden Prozess will ich zeigen“, erklärt sie.

Das will sie schaffen, indem sich die Tänzer unter anderem in Zeitlupe über das Ufer bewegen. Von dort werden sie über den Deich zur Wand des Friedhofs gelangen, drüber klettern und dann die Choreographie auf dem Kirchenvorplatz beenden.

Das Proben ist auf dem Gelände um einiges schwieriger als auf einer Bühne. „Man lässt dann eher los, weil jede Situation vergänglich ist und man kriegt sie an so einem Ort nicht so, wie man sie haben will“, sagt Dramaturgin Judith Owens. Die Tänzer müssen sich durch Brennnesseln oder auch mal Hinterlassenschaften von Hunden und Schafen bewegen. „Unsere Kostümwahl war daher auch eher pragmatisch als künstlerisch“, sagt Pászthy. Dennoch soll durch die Kostüme eine Individualisierung weggenommen werden. Saxophonist Zsolt Várga wird die Choreographie begleiten und auch die Geräusche des Ortes in seine Komposition einbeziehen.

Obwohl die Performance ortsspezifisch ist, wird es auch im Herbst beim Festival „Move!“ in der Fabrik Heeder eine Adaption davon geben.

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