Historie Kleines Buch kommt groß raus

Ein Pastor aus Fischeln hat in seinem Gebetsbuch Erdbeben im 17. Jahrhundert verzeichnet.

Historie: Kleines Buch kommt groß raus
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Der Pastor Adamus Wiertz hat zwischen 1692 und 1722 aufgeschrieben, wann es an seinem Wirkungsort in Fischeln ein Erdbeben gab. Das Brevier (Gebetsbuch), in dem er die Aufzeichnungen handschriftlich eingetragen hat, war 2012 als Geschenk an das Museum Burg Linn gegangen.

Leiter Christoph Reichmann hat die Bedeutung erkannt und stellte sie samt Übersetzung aus dem Lateinischen Stefan Kronsbein und Klaus Lehmann zur Verfügung. „Es ist bemerkenswert, dass Reichmann, die Aufzeichnungen überhaupt gefunden und entziffert hat“, sagt Kronsbein.

Lehman ist Leiter des Landeserdbebendienstes beim Geologischen Dienst, Kronsbein ist Verleger. Die Auswertung der Aufzeichnungen von Wiertz sind auch in der Festschrift zu Reichmanns 65. Geburtstag zu finden. Sieben Erdbeben hat Wiertz in dem Gebetsbuch vermerkt, mit Datum und Uhrzeit. Sechs davon können durch andere Quellen belegt werden. „Das zeigt, dass er ordentlich gearbeitet hat und das siebte wohl ebenfalls stattgefunden hat“, sagt Lehmann.

Relevant sind solche historischen Erkenntnisse für heutige Statistiken. „Vor dem großen Erdbeben 1755 in Lissabon wurden Erdbeben als Gottgegeben gesehen, erst mit dem verheerenden Beben und dem Beginn der Aufklärung wurde das in Frage gestellt“, sagt Kronsbein.

Im 19. Jahrhundert gab es dann mehr Aufzeichnungen und durch das Aufkommen der Tageszeitung sind diese auch gut dokumentiert. „Wir schöpfen Erfahrungen aus der Vergangenheit, die fließen dann in Statistiken ein, mit denen wiederum berechnet wird, wie erdbebensicher gebaut werden muss“, erklärt Lehmann.

Die Erkenntnisse, die Wiertz aufgeschrieben hat, sind Mosaiksteinchen, die aber in der Masse Einfluss auf die Statistik nehmen können. „Das Erdbeben am 18. September 1692 war bekannt, aber nicht, dass es auch in Fischeln zu spüren war, aufgrund solcher Erkenntnisse kann sich zum Beispiel die vermutete Lage des Epizentrums verändern“, erklärt Lehmann. „Historische Erdbeben sind ein wichtiger geologischer Ansatz. Wir glauben, dass es noch viel mehr solcher Aufzeichnungen gibt, vor allem im kirchlichen Bereich.“

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