Kreativlabor: Märchen aus der Perspektive Erwachsener

Kresch zeigt erste Regiearbeiten auf der Bühne der Fabrik Heeder.

Schauspielerin Anna Brass: „Uns interessiert die Übertragung des Themas Märchen in die echte Welt.“ Foto: Archiv

Schauspielerin Anna Brass: „Uns interessiert die Übertragung des Themas Märchen in die echte Welt.“ Foto: Archiv

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Märchen, Mythen und Legenden beschreiben seit jeher die Innen- und die Außenwelt des Menschen. Märchenstoff ist es auch, der den Ausgangspunkt für eine neue dreiteilige Produktion des Kreschkreativlabors bildet. Die beiden Schauspielerinnen Laura Melisande Groß, Laura Thomas und der Poetry-Slammer Marcel Rüge inszenieren zum ersten Mal: „Märchen — oder wieviel Hexe steckt in Dir?“

Das neunte Kreativlabor, gern als Meisterklasse des Kresch bezeichnet, bündelt drei Produktionen an einem Abend: „Die drei können sich unter Anleitung von Anna Brass als Spielleiter ausprobieren“, sagt Michael Jezierny, Leiter des Kresch-Theaters. „Uns interessiert die Übertragung des Themas Märchen in die echte Welt“, sagt Anna Brass. Zu Beginn kommt „Stravaganza“ auf die Bühne der Fabrik Heeder.

Das Stück der italienischen Autorin Dacia Mariani stellt die Frage: Was geschieht mit den Insassen einer Irrenanstalt, wenn diese aufgelöst wird? Denn das war 1960 in Italien der Fall. Die 24-jährige Laura Groß kürzt das Stück auf 20 Seiten und bezieht es auf das Märchen Schneewittchen. „Die Message ist nicht verloren gegangen, und es hat viel Witz“, sagt sie, „Es war mir ein großes Anliegen, das Stück auf die Bühne zu bringen.“

Mit Psychiatrie kennt sie sich aus. Sie ist ausgebildete Krankenschwester und hat jetzt ihre Stundenzahl reduziert, um mehr Zeit für die Bühne zu haben. Ihre Hauptfigur Schneewittchen = Victoria wird von einer Schaufensterpuppe verkörpert. Die anderen fünf Gestalten leben in einer Zwergenbox und haben einen Bezug zu den sieben Zwergen. „Eigentlich wollte ich gerne eine Drehbühne“, sagt Laura Melisande Groß, aber jetzt beschränkt sie sich auf ein festes Bühnenbild. Experimentierendes Theater ist immer auch „Work in progress“.

Im Mittelteil „Denk einfach nicht an die Zukunft“ lässt Marcel Rüge Gretel, Rumpelstilzchen, einen Stadtmusikanten und Struwwelpeter auftreten. Die Texte hat er selber geschrieben. „In der Mitte wird es wild“, sagt dazu Anna Brass. Marcels Angelpunkt ist die Frage: „Was geschieht nach dem letzten Satz des Märchens, wenn das Gute das Böse besiegt hat?“ Im dritten Teil schließlich ist wieder Schneewittchen die Folie.

Laura Thomas hat sich mit dem Neid beschäftigt und überträgt so: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der schönste Neider im ganzen Land?“ Bei der 29 jährigen Schauspielerin sind Paul und Felix Schneewittchen und ihre böse Stiefmutter. Beide Männer mögen Anna — am Rätselwettbewerb „Brain Twister“ entzündet sich mit Witz und Spannung ihre Konkurrenz.

Ob nun bei diesen ersten Regiearbeiten märchengerecht das Gute über das Böse siegt, wird natürlich nicht verraten.

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