Krefelderin erfindet freches Rotkäppchen

Isabel Terhaag hat es mit ihrer Version des Märchenklassikers in die Anthologie „Wenn das die Grimms wüssten!“ geschafft.

Krefeld. So richtig leiden kann Isabel Terhaag ihr Rotkäppchen nicht. „Sie ist eine ziemlich freche Rotzgöre“, sagt die 16-jährige Krefelderin. Und in der Tat: Mit dem kleinen, lieben Mädchen aus dem Original-Märchen der Gebrüder Grimm hat ihre Figur nichts zu tun.

Denn Isabels Rotkäppchen hat nur Flausen im Kopf — und zwar von der bösen Sorte: Die Halbwaise terrorisiert ihre Mutter so lange, bis die derart verzweifelt ist, dass sie ihre Tochter zur Großmutter schickt.

Auf dem Weg dahin verspeist das Mädchen den Kuchen, den es eigentlich als Geschenk mitbringen sollte, und jagt dem Wolf einen riesigen Schrecken ein. „Der ist in meiner Geschichte ein scheuer Kerl“, sagt Isabel. „Ein richtiger Angsthase.“

Rotkäppchen zertritt frustriert eine ganze Blumenwiese, mobbt den Jäger in seinem Hochsitz und schmiedet dann einen perfiden Plan. „Sie will den Wolf zwingen, ihre Oma zu fressen“, erzählt Isabel. „Denn damit wären all ihre Probleme gelöst.“ Klar, dass sie dafür zum Schluss einen deftigen Denkzettel erhält.

Mit ihrer modernen Version des Märchenklassikers hat es Isabel Terhaag in die Anthologie „Wenn das die Grimms wüssten!“ geschafft. Der Nürnberger Verlag Arts & Words hatte zu einem Autorenwettbewerb aufgerufen, fast 200 Jahre, nachdem der erste Band mit „Kinder- und Hausmärchen“ von Jacob und Wilhelm Grimm erschienen war. Insgesamt wurden fast 300 neu erzählte Märchen eingeschickt, Isabels „Rotkäppchen“ schaffte es unter die 86 besten.

„Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet“, berichtet die Schülerin, die nach den Sommerferien die elfte Klasse des Maria-Sibylla-Merian-Gymnasiums besuchen wird. „Als der Autorenvertrag kam, konnte ich meinen Augen nicht trauen.“ Auch ihre Mutter, Andrea Terhaag, war „hin und weg und natürlich super stolz“, wie sie sagt.

Im Alter von zwölf Jahren keimte in Isabel der Wunsch, zu schreiben. Seitdem hat sie sich an zahlreichen Kurzgeschichten versucht, „Rotkäppchen“ war aber die erste, die sie bei einem Wettbewerb einreichte.

„Besonders gerne bewege ich mich im Fantasy-Bereich“, erklärt die junge Autorin. „Aber ich habe auch schon viele Jugendgeschichten geschrieben.“ Dabei wachsen die Protagonisten mit ihr: „Früher waren die Figuren zwölf wie ich, heute sind sie meist 15 oder 16 Jahre alt.“

Doch anders als man vermuten würde, ist ihr schriftstellerisches Idol weder Harry-Potter-Mutter Joanne K. Rowling noch die Twilight-Autorin Stephanie Meyers. „Kürzlich haben wir ,Die Physiker’ von Friedrich Dürrenmatt in der Schule besprochen“, erzählt Isabel. „Er überlässt nichts dem Zufall, überall gibt es versteckte Hinweise. Diese Tiefsinnigkeit finde ich toll.“

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