MobiLES: Ein Trio liest im Bus

Drei Autoren präsentierten ihre aktuellen Romane bei Touren durch die Stadt Krefeld.

Krefeld. Der Bus rumpelt los, der Fahrer schaltet die Innenbeleuchtung ab. Nur über einem Platz hinten glimmt noch eine Lampe. Da sitzt ein Mann und liest aus einem Buch vor. Zum dritten Mal fand jetzt in Krefeld die vom NRW-Kultursekretariat ins Leben gerufene Veranstaltung "mobiLES" statt, bei der Autoren ihre Bücher sozusagen in voller Fahrt, diesmal in Linienbussen, präsentieren. Das Kulturbüro war der Veranstalter vor Ort.

Burkhard Spinnen kennt man hier. Er hat 2004 den Literaturpreis der Stadt erhalten. Und Roland Farwick, den Helden seines neuen Romans "Mehrkampf", kennt man hier auch. Unschwer ist der einst für Bayer Uerdingen startende Zehnkämpfer Jürgen Hingsen in der Figur zu erkennen. Hingsen scheiterte bei der Olympiade 1988 in Seoul durch drei Fehlstarts beim 100-m-Lauf. Spinnen lässt Farwick allerdings vier Jahre vorher in Los Angeles beim Weitsprung scheitern.

Eine noch schwerere Prüfung ereilt Farwick 20 Jahre später - da enden die Parallelen zu Hingsen -, als er "mitten in einer westdeutschen Großstadt" von den Schüssen eines Unbekannten niedergestreckt wird. Farwick überlebt das Attentat, ins Spiel kommt Kommissar Grambach, der den Fall ermitteln soll. Die Schilderung des Weitsprungs in Seoul trug Spinnen vor und outete sich damit nicht gerade als Sportkenner. Eine Szene im Krankenhaus, bei der eine Schwester den Verletzten auch sexuell "umsorgt", wirkte aufgesetzt.

Im fernen Kärnten schwelt seit langem der Konflikt zwischen der deutschsprachigen Mehrheit und einer slowenischen Minderheit. Davon erfährt man in unseren Breiten wenig, aber der Dorstener Kevin Vennemann hat in Wien studiert, und ihm hat sich der Kärntener Konflikt als Stoff für seinen Roman "Mara Kogoj" offenbar aufgedrängt.

Lesungen in einem fahrenden Bus, das weiß man hier inzwischen, verlangen wegen all der Unruhe erhöhte Aufmerksamkeit. Die Texte sollten aber auch etwas leichter zugänglich sein. Vennemanns Roman erwies sich aufgrund seiner komplizierten Sprache und des Fehlens einer narrativen Struktur leider als sehr ungeeignet für "mobiLES", sein Anliegen vermittelte sich kaum.

Späte Elternfreuden sind ein Zeitgeistthema. Die Menschen werden immer älter, bevor sie sich fortpflanzen, wenn überhaupt. John von Düffel, Dramaturg am Hamburger Thalia-Theater, hat darüber seinen neuen Roman "Beste Jahre" geschrieben. Wenn man von den hier vorgestellten Passagen aufs Ganze schließen kann, ist er umwerfend komisch. Ein Schauspieler und seine Frau Lisa sind von Düffels Helden, allein die Schilderung ihres ersten Besuchs im "Institut für Kinderwunscherfüllung" erheiterte ungemein.

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