Move: Suche nach der Schutzzone

Gaza ist überall: Im Schönwasserpark erforschen die Tänzer Avi Kaiser und Sergio Antonino das Bedürfnis nach Sicherheit.

Move: Suche nach der Schutzzone
Foto: Ran Biran

Krefeld. Das richtige Leben hat die Kunst eingeholt: Eigentlich wollten sich die beiden Tänzer Avi Kaiser und Sergio Antonino eher aus einem entwicklungsgeschichtlichen Blickwinkel mit dem natürlichen Instinkt des Menschen nach Sicherheit und einem schützenden Raum befassen. Doch angesichts der Krise im Nahen Osten hat die Uraufführung von „Protected Zone“ eine ganz neue Dimension bekommen.

Im Auftrag des Kulturbüros für das Format „Move! in town“ interessieren sich der Israeli und der Italiener erneut für Natur und Architektur — in der Fabrik Heeder waren bereits ihre Tanz-Kreationen „Wald Variationen“ und „Carrée 18“ zu sehen. In der Recherchephase fanden die beiden heraus, dass die Menschen sich am Anfang in Höhlen und Wäldern versteckten, später Schutzkonstruktionen aus Stein, Sand und Lehm bauten.

In einer späteren Phase rückte der emotionale Aspekt in den Vordergrund. „Die Realität in Israel und im Gaza-Streifen gab dem Thema Schutzzone eine neue, sehr konkrete und beängstigende Bedeutung“, sagt Avi Kaiser. „Durch die komplexe und gefährliche Situation gewann ich ein tieferes, körperliches Verständnis davon, was es heißt, nach einer Schutzzone zu suchen.“ Kaiser hat selbst Familie und Freunde in Israel, unter anderem einen Sohn in der Armee und ein dreijähriges Enkelkind.

In seinem Kopf kreist es: „Ich stelle mir vor, wie sich kleine Kinder in der sogenannten Schutzzone fühlen, ohne Tageslicht, dem Detonationslärm von Bomben ausgesetzt. Oder wie es Erwachsenen geht, die nicht in der Lage sind, ihnen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Schutz ist etwas sehr Fragiles.“

Kaiser und Antonino suchten einen Ort, wo natürliches Material das Bedürfnis nach Sicherheit stillen kann. Im Schönwasserpark entdeckten sie ihre „Protected Zone“: die perfekte Szenerie eines Platanendachs, ein Labyrinth aus Baumstrukturen. Der Hain betört durch eine Komposition aus Licht und Schatten, bietet dem Duisburger Ensemble einen Theaterraum. Sechs Künstler erkunden das Verhalten des Körpers und seine Reaktionen in einer Performance aus Tanz, Klang und Licht.

Avi Kaiser weist damit auch über den Gaza-Konflikt hinaus: „Das Bedürfnis nach Schutz ist allgegenwärtig. Denken wir auch an Hungernöte, Seuchen, Naturkatastrophen. In die Performance fließt auch der gesellschaftliche Aspekt ein, inwiefern jeder über sein persönliches Wohlbefinden und seine Alltagsprobleme hinaus bereit ist, seinen Schutzraum mit anderen zu teilen.“

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