Rätsel um die chinesische Vase

Das wertvolle Stück ist im Zuge der Ausstellung über die Tanzhusaren wieder aufgetaucht.

Krefeld. Dieses außergewöhnliche Exponat gibt immer noch einige Rätsel auf: „Diese chinesische Vase stand einst im Offizierscasino der Husaren“, erklärt Dr. Georg Eggenstein, Kurator der Ausstellung „Die Tanzhusaren — 200 Jahre Kulturgeschichte der Krefelder Reiter“, die das Museum Burg Linn zurzeit zeigt. Auf der Vase gibt es sieben Felder, drei zieren Paradiesvögel, vier zeigen einen Drachen. „Einen Drachen abzubilden, war Vorrecht des chinesischen Kaisers. Die Vase muss eine hoheitliche Herkunft haben“, sagt der Archäologe.

Dass diese Vase nach über 100 Jahren wieder in Krefeld zu sehen ist, kommt einem kleinen Wunder nahe. „Sie hat zwei Weltkriege ohne Schaden überstanden“, sagt der 47-Jährige. Gleichsam erstaunlich bleibt ihr Weg in die Husarenkaserne an der heutigen Westparkstraße. Doch hier hat Eggenstein Beweise in Krefeld gefunden: Sie stammt von einem chinesischen Husaren.

In den vergangenen Jahren schmückte die Vase das Kommandeurszimmer einer Kaserne im ostwestfälischen Augustdorf. Dort war das Panzeraufklärungsbataillon 7 stationiert, das sich als Nachfolger des Husarenregiments 11 aus Krefeld verstanden. Die Einheit wurde aufgelöst und die Vase ging letztlich in den Besitz der Stadt Paderborn über, wo Eggenstein sie für die Ausstellung ausgeliehen hat. Im Rahmen der Recherche für die Schau im Museum Burg Linn stellte sich nun die Frage nach ihrer Herkunft.

Eine kleine Plakette an der Vase ermöglichte Eggenstein, eine erste Spur aufzunehmen, um das Rätsel zu lösen. Dort heißt es: „Dem Offizierskorps des 11. Husarenregiments gewidmet 1906 Leutnant Sung“. Seit ihrem Einzug in Krefeld muss die Vase also im Besitz der Husaren gewesen sein. „Sie stammt wohl aus der Qing-Dynastie, der letzen kaiserlichen Dynastie in China. Wir gehen davon aus, dass sie im 19. Jahrhundert hergestellt worden ist“, sagt Eggenstein.

Ein Foto des Krefelder Offizierscasinos, auf dem auch die Vase zu sehen ist, liegt ihm nicht vor. Doch eine andere Fotografie sollte ihm weiterhelfen. „Im Vorfeld der Ausstellung habe ich nach einem ersten Aufruf nach Krefelder Exponaten der Husaren einen Anruf einer älteren Dame erhalten. Sie sagte, sie habe ein paar Fotos — auf einem sei ein Chinese in einer Husaren-Uniform“, berichtet Eggenstein.

Die Krefelderin habe das Foto von ihrem Großvater bekommen, der selbst ein Husar gewesen sei. „Von Opa gerettet“ wurde mit einem Bleistift vermerkt. „Ich konnte das zuerst gar nicht glauben“, sagt der Wissenschaftler voller Begeisterung, die sich bei der Ansicht der historischen Aufnahme noch steigern sollte. Die Vorderseite des Fotos zeigt einen stolzen, jungen Mann in der Uniform der Husaren. Auf der Rückseite stehen chinesische Schriftzeichen, die besagen, dass jener Mann beim Einzug der Husaren 1906 eine wertvolle Vase als einen „Akt der Freundschaft und engen Verbundenheit“ gestiftet hat.

Sein Name lautet Leutnant Sung Tun. „Das ist ein sehr wichtiges Foto. Die Geschichte hat neben dem Namen jetzt auch ein Gesicht bekommen“, betont Eggenstein. Wie ein Chinese allerdings in eine Husaren-Uniform kommt, das sei ihm ein Rätsel.

Nach dem Ersten Weltkrieg brachten die Husaren die Einrichtung ihres Offizierskasinos in Sicherheit. In der Chronik des Regiments heißt es: „Es gelang (...) den großen und in Anwesenheit der belgischen Besatzung gefahrvollen Bemühungen des Oberleutnants von Heimendahl und des Leutnants der Reserve Bonse, das gesamte Silber, die Ölgemälde und die kostbare chinesische Vase, die Sung gestiftet hatte, zu retten.“

Nach der Besatzung in den 1920er-Jahren richteten die Husaren dann in der Krefelder sowie der Düsseldorfer Gesellschaft ein Husarenzimmer ein. Auch davon berichtet die Regimentsgeschichte. Von dem Verbleib der chinesischen Vase ist jedoch keine Rede mehr. „Dann verliert sich leider die Spur“, so Eggenstein.

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