Lehrermangel: Gute Zahlen gibt es nur auf dem Papier

An den Schulen fehlen Lehrer. Gerade für Projekte und Sonderbedarf gibt es zu wenig Personal.

Krefeld. Den Zahlen für die weiterführenden Schulen nach zu urteilen, ist - abgesehen von den Realschulen - die Personalausstattung an den Krefelder Schulen recht gut. Damit scheinen die Klagen einiger Eltern über Unterrichtsausfall und Vertretungsstunden unberechtigt. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus und lässt sich an den nackten Zahlen nicht festmachen, betonen die Sprecher der einzelnen Schulformen.

„Die Zahl sieht auf dem Papier nicht schlecht aus“, erklärt Jochen Adrian, Leiter der Gesamtschule am Kaiserplatz. „Doch bei uns stehen eindeutig mehr Lehrer auf dem Wunschzettel. Denn der gesamte Sonderbedarf fällt aus dem Lehrer-Schüler-Schlüssel heraus.“ Beispiel: „Wir bieten Neu-Griechisch an. Dafür gehen eineinhalb Stellen über den Bedarf hinaus.“ Ebenso sei es mit den Kindern, die Deutsch als Zweitsprache haben. Die müssten ebenso versorgt werden. „Das steht in keiner Berechnung. Mehr Lehrer würden auch für die Elterngespräche hilfreich sein“, erklärt der Sprecher der Gesamtschulen.

Zurzeit arbeitet er am Projekt „Vielfalt gestalten — Teilhabe und Integration durch Bildung“, in dem beim Land Stellen für Integration und Bildung beantragt werden. Migrantenkinder, solche mit besonderem Förderbedarf und sozial Schwache sollen so gefördert werden.

Adrian: „Wir brauchen dafür dringend weitere eine bis zwei Stellen. Doch: Mit dem Antrag stehen wir mit allen anderen Schulen in Konkurrenz. Dabei muss das Land doch dafür sorgen, dass wir unsere Aufgaben erfüllen können. Wir betreiben in der Schule doch kein Hobby.“

Die Zahlen des Landes für seine Schule: Bedarf 97,55, Personalausstattung 100,01.

Die Sache mit der Personalausstattung hält Horst Obdenbusch, der Sprecher der Gymnasien und Direktor des Fabritianums, für „sehr kompliziert“. Denn die Stellenstatistik stamme aus dem Frühjahr. „Seitdem kann sich viel geändert haben. Ich weiß beispielsweise, dass im Januar vier Kollegen in den Ruhestand gehen und die fehlen uns ab Februar. Die Zahlen hinken hinterher.“

Mit minus vier Kollegen werde er „umverteilen, die Kollegen um mehr Unterrichtsstunden bitten, die Gruppenstärke erhöhen oder notfalls Unterricht ausfallen lassen müssen.“ Beispielsweise Studenten einzusetzen sei nur schwer möglich. Wenn sie auf den Master oder Bachelor in Duisburg hinarbeiteten, hätten sie kaum Zeit für zwei Schulstunden nach Uerdingen zu kommen. Er wünscht sich, dass „mehr Bewegung ins Land“ komme. „Wir müssen uns eben am Finanzhaushalt des Landes orientieren.“

Seine Schule beispielsweise verzeichnete im Frühjahr einen Bedarf von 59,39 und eine Personalausstattung von 58,98.

„Wir sind mit einer Lehrerstelle unterbesetzt“, erklärt Birgit Oelmüllers-Hoff, Leiterin der Josef-Hafels-Schule und Sprecherin dieser Schulform. „Zu unseren insgesamt 308 Schülern kommen im Schwerpunkt Inklusion 50 Kinder mit besonderem Förderbedarf und 38 so genannte DAZ-Kinder, die Deutsch als Zweitsprache haben. Dazu gehören auch Flüchtlingskinder.“ Es würden deshalb DAZ-erfahrene Lehrpersonen gebraucht, erklärt sie weiter. „Die meisten Pädagogen bei uns haben sich das selbst erarbeitet.“

Die Zahlen hier: Der Bedarf liegt bei 31,62 und die Ausstattung bei 31,30 Stellen.

Die Stellenbesetzung ist an dieser Schulform nicht gut. Beispiel Realschule Oppum, deren Leiterin Heide Schremmer auch die Sprecherin ist: „Ab Anfang Februar soll es deshalb neue Stellen für unsere Schulform in NRW geben. Schon mit einer weiteren Lehrperson würde es viel besser aussehen.“

Die Fächer habe sie alle abgedeckt, erklärt die Leiterin weiter. Bei längerfristigen Krankheiten könne sie Vertretungsstellen selbst ausschreiben. Diese kann sie dann auch besetzen. Bei einem Engpass habe sie vor rund zehn Jahren einmal einen Physikstudenten fünf Stunden pro Woche beschäftigt.

Hier liegen die Ausstattung bei 32,18 und der Bedarf bei 33,49 Stellen.

Von einer „guten Zahl auf dem Papier“ spricht auch Grundschul-Sprecherin Hildegard Reintges. Sie sieht ebenfalls eine Schwierigkeit darin, Zahlen aus vergangenen Monaten heute zu kommentieren. „Falls wir zum Beispiel Ausfälle durch langfristige Krankheiten oder Erziehungsurlaub haben, können wir Stellen selbst ausschreiben, das Schulamt gibt sie frei.“ Dabei sei die Nähe zur Schulaufsicht hilfreich. „Der Kontakt ist sofort da.“

Schüler oder Studenten mag sie im Notfall nicht beschäftigen, sie setzt nur examinierte Kräfte ein. Im Sonderfall könnte sie sich dies auch nur in den Fächern Sport oder Musik vorstellen. chm

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