Mit Niedrigpreisen kämpft Krefeld um jede Tonne Müll

Auf dem Abfallmarkt herrscht ein knallharter Wettbewerb. Um die Verbrennungsanlage in Elfrath zu füllen, gehen die SWK an die Schmerzgrenze.

Krefeld. Eigentlich schien alles klar zu sein. Ab Januar 2015 sollte der Abfall aus Mülheim in Krefeld verbrannt werden. Bei einer europaweiten Ausschreibung war die Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN), eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Krefeld (SWK), der günstigste Bieter. Nun droht das Geschäft zu platzen, weil ein Konkurrent gegen die Vergabe klagt.

Der Fall zeigt, dass auf dem Abfallmarkt ein knallharter Wettbewerb herrscht. Die Betreiber der Müllverbrennungsanlagen kämpfen um jede Tonne, weil die Mengen stetig sinken. Und das drückt die Preise in den Keller. In Mülheim geht es um 54 000 Tonnen, die bislang in Essen-Karnap verfeuert wurden. Die Stadt hatte den Vertrag mit dem Betreiber RWE gekündigt.

Krefeld ist auf den Restmüll aus Mülheim angewiesen, weil der EGN die Kunden weglaufen. So wird der Kreis Viersen seinen Abfall ab 2015 in Solingen und Köln verbrennen lassen. Bei einer europaweiten Ausschreibung erhielten die Firmen Schönmackers und Remondis den Zuschlag. Krefeld verliert damit etwa 70 000 Tonnen Abfall. Der Kreis Viersen zahlt nur 75 Euro je Tonne. Derzeit sind es rund 175 Euro.

Möglich sind europaweite Ausschreibungen, weil die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung unter Jürgen Rüttgers dem Markt beim Müll Vorrang einräumte. Seit 2010 regiert Rot-Grün in Düsseldorf. Aber bislang hat Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) es nicht geschafft, einen neuen Abfallwirtschaftsplan (AWP) vorzulegen.

Remmel will, dass der Müll in der Region verbrannt wird. Das Prinzip der Nähe soll gelten, um Mülltourismus zu verhindern. Laut Kerstin Abraham, die im SWK-Vorstand für Entsorgung verantwortlich ist, könnte der neue AWP Ende 2014 kommen.

Für Krefeld reicht das aber nicht. „Ein großer Teil des Marktes in NRW wird in den nächsten Monaten neu verteilt“, erläutert Abraham. „Allein von der Müllverbrennungsanlage in Essen kommen durch auslaufende Verträge 700 000 Tonnen in die Ausschreibung. Dafür kommt der neue Abfallwirtschaftsplan zu spät.“

Um den Ofen in Elfrath zu füllen, müssen sich die SWK dem Wettbewerb stellen. Zum Beispiel in Mönchengladbach. Bis Ende 2014 werden die 70 000 Tonnen von dort in Krefeld verbrannt. Über die Zeit ab 2015 entscheidet die derzeit laufende Ausschreibung.

Die EGN hat ein Gebot abgegeben. „Wir beteiligen uns mit Angeboten an den Ausschreibungen, die nur Deckungsbeiträge leisten können. Im Spotmarkt reden wir von 60 Euro je Tonne für die Verbrennung. Und mit 60 Euro je Tonne können Sie keine Anlage wirtschaftlich betreiben“, sagt Abraham.

Neues Ungemach droht, wenn auch der Kreis Neuss seine 115 000 Tonnen Abfall nicht mehr in Krefeld verbrennen lässt. Der Vertrag läuft noch bis Ende 2016.

Mit dem Abfall und den Klärschlämmen aus Krefeld ist die Anlage in Elfrath nur zu einem Viertel ausgelastet. Obwohl die Krefelder bis 2018 je Tonne 172 an die EGN zahlen, reicht das für einen wirtschaftlichen Betrieb bei weitem nicht aus. Kerstin Abraham muss also weiter nach Abfall suchen. Wenn es in der Region nicht klappt, dann eben anderswo — notfalls auch in Italien.

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