Mutter erstochen: Krankheit trieb Sohn (25) zu Bluttat

Weil er während der Tat unter Wahnvorstellungen litt, wird der Krefelder in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Mutter erstochen: Krankheit trieb Sohn (25) zu Bluttat
Foto: Frank Rumpenhorst

Krefeld. Er war es und er war es nicht. Der 25-jährige Angeklagte hat am 26. April seine Mutter mit 38 Messerstichen getötet. Darüber, dass der Krefelder die Stichwaffe geführt hat, bestand bei der großen Strafkammer am Landgericht am Dienstag kein Zweifel. Nur handelte an dem Abend der Tat nicht der liebende und fürsorgliche Bruder und Sohn, den die Familie ins Herz geschlossen hatte. Der Richter sagte in seiner Urteilsbegründung: „Es war ein durch die Krankheit veränderter Mensch.“

Das Gericht folgte der Einschätzung eines Sachverständigen, der den Angeklagten wegen einer Psychose als nicht schuldfähig ansah und ordnete eine Zwangseinweisung in eine psychiatrischen Klinik an. Staatsanwaltschaft und Verteidigung sowie der Anwalt der Schwester, die als Nebenklägerin aufgetreten war, forderten das Selbe.

Der psychiatrische Experte zeichnete den Lebenslauf des Angeklagten nach und gab eine Einschätzung zu dessen geistigem Zustand ab. Der 25-Jährige kam in Kasachstan zur Welt, wo er bis zu seinem zehnten Lebensjahr mit seinen Eltern und seinen drei Geschwistern lebte. Nach der Aussiedlung ging er in Krefeld zur Schule, brach jedoch die Realschule ab. Erst im zweiten Anlauf schaffte er auf dem Berufskolleg seinen Abschluss, allerdings fasste er beruflich nie Fuß und hielt sich mit kleinen Jobs über Wasser. Zuhause sei der Vater oft gewalttätig gewesen sein, so dass sich die Eltern trennten.

Auf die schiefe Bahn geriet der junge Mann jedoch nie. Der Forensiker beschrieb ihn als „prosozial“. Er hatte ein gutes Verhältnis zu seiner Familie, Freunde und zeitweise auch eine Beziehung. Doch irgendwann kamen die Stimmen. „Ich hatte Angst, dass etwas Schlimmes passieren würde“, sagte der Angeklagte über diese Zeit. Die Unruhe in seinem Kopf habe ihn verfolgt. Er habe gebetet, doch die Stimmen, die er später mit seiner Mutter in Verbindung brachte, blieben.

„Er hat seine Mutter im Traum als Dämon gesehen“, berichtete der Sachverständige. Später glaubte der Sohn, dass die Mutter, bei der er lebte, fünf Menschen umgebracht hat — und nun auch ihm Schaden wolle.

Wie fressen sich solche Gedanken von heute auf morgen in den Kopf eines Menschen? Die in der Anklage festgehaltene Vermutung, dass möglicherweise der Cannabismissbrauch des 25-Jährigen die Psychose ausgelöst haben konnte, wurde am Dienstag nicht weiter vertieft. Auch der mögliche Einfluss des Vaters, der nach Aussagen von Familienmitgliedern der Mutter den Tod gewünscht haben soll, rückte in den Hintergrund.

Das Gericht konzentrierte sich auf die Krankheit und das aktuelle Gefahrenpotential des 25-Jährigen, der derzeit auf eigenen Wunsch die Medikamente abgesetzt hat. „Er stellt noch immer eine Gefahr dar“, sagte der Forensiker. Jederzeit könne er erneut Wahnvorstellungen auf Menschen in seinem Umfeld projizieren. Auf Menschen, die er eigentlich liebt. neuk

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