Polizei räumt Notquartier im Treppenaufgang

Obdachlose Frau schläft im Treppenabgang der Tiefgarage. Behörden, Stadt und Pächter sind hilflos.

Krefeld. Sie kommen im Morgengrauen: Polizei, Kommunaler Ordnungsdienst, Mitarbeiter der Reinigungsfirma und ein Vertreter der Seidenweberhaus GmbH, um Jolanta N. zum „Auszug“ zu bewegen. Die 54-jährige drogenabhängige Frau hat sich seit einigen Wochen in einem der Notausgänge der Tiefgarage am Theaterplatz häuslich niedergelassen und hortet dort alles, was sie tagsüber auf der Straße findet. Doch das ist nicht der Grund für die gestrige Räumungsaktion. Vielmehr müssen die Zähler der Stadtwerke turnusgemäß abgelesen werden. An die ist wegen des illegalen Untermieters jedoch kein Drankommen.

Die obdachlose Frau ist den Stellen längst bekannt. Eine rechtliche Handhabe gegen ihren Notschlafplatz gibt es seitens des Ordnungsamtes der Stadt und der Polizei nicht. Gerufen hat die Verstärkung in dem Fall der Pächter der Tiefgarage, der als einziger das Hausrecht und somit auch die Sorgfaltspflicht für die Zu- und Notausgänge besitzt. Peter Gathen war es am Tag zuvor nicht gelungen, Jolanta N. zum Aufbruch zu bewegen und sich somit Zugang zu den Zählern zu verschaffen.

Gestern Morgen ist das kein Problem mehr. „Die Beamten haben mit der Frau ruhig geredet und sie hat ihre Sachen anschließend zur Seite gestellt“, sagt Polizeisprecher Acor Kniely auf Nachfrage. Für die Beamten sei die Amtshilfe damit beendet gewesen. Einen Platzverweis sprechen sie nicht aus, dafür gebe es gesetzlich keine Grundlage.

Das Persönlichkeitsrecht spielt eine große Rolle. Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre — selbst wenn er wie Jolanta N. in dem Treppenhaus einer Tiefgarage wohnt. Laut Kniely gibt es auch keinen Grund, die Frau in eine psychiatrische Klinik einzuweisen. Eine zwangsweise Unterbringung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (Psych-KG) ist nur gestattet, wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt. „Das ist hier nicht der Fall“.

Wie hart das Leben auf der Platte und ohne Obdach ist, weiß Andrea Rother genau. Die Leiterin des Café Pause, ein offenes Angebot der Caritas für Drogenabhängige, kennt solche Schicksale. „Das ist ein schwieriges, trauriges Thema“, sagt Rother. Helfen könnten sie nur dort, wo Hilfe angenommen werde. Ansonsten könne man die Menschen nur begleiten, ein offenes Ohr für sie haben — und sie lassen. „Nicht die Abhängigen haben ein Problem mit ihrem Umfeld, sondern das Umfeld mit ihnen.“

Jolanta N. wird nicht lange zögern und in ihren Unterschlupf zurückkehren. Tägliche Anrufe des Garagenpächters bei der Polizei sind somit programmiert. Er muss freie Fluchtwege garantieren.

Das einzige was langfristig helfen würde, sind bauliche Absicherungen der Notausgänge wie es sie vergleichsweise im Parkhaus Schneiderstraße gibt. Das ist eine Maßnahme, die die Bürgerinitiative Theaterplatz schon vor langem gefordert hat. Jolanta N. hilft das nicht.

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