Richter schenkt Angeklagtem keinen Glauben

Streit unter Bauarbeitern: Landgericht verurteilt 37-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu Gefängnisstrafe.

Richter schenkt Angeklagtem keinen Glauben
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der Angeklagte M. konnte während der Urteilsverkündung der 2. Großen Strafkammer des Landgericht Krefeld nicht glauben, was die Dolmetscherin übersetzte.

Der 37-Jährige äußerte gegenüber dem Gericht so lautstark seinen Unmut über die verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung, dass der Vorsitzende Richter entschied, ihm Handfesseln anzulegen. Verurteilt wurde der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung. Für den restlichen Zeitraum der Urteilsverkündung verhielt sich der Angeklagte dann relativ ruhig.

Für das Gericht hatten sich bei der Beweisaufnahme die Aussagen von M. und dem Opfer P. zu sehr unterschieden, um der Version des Angeklagten Glauben zu schenken.

Während der Tatnacht am 11. Mai dieses Jahres kam es in der Folge eines Abendessens unter mehreren Bauarbeiterkollegen zum Streit zwischen P. und einem dritten Mann, der gesondert verfolgt wird. In der Folge floh P. aus der gemeinsamen Behausung und wurde von M. verfolgt. Bei dem Versuch, P. zu überreden, ins Haus zurückzukehren, schlug und trat M. den zum Teil am Boden liegenden P., bis ein Krankenwagen und eine Polizeistreife, die von Zeugen alarmiert worden waren, am Tatort eintrafen.

„Ich habe nur versucht, ihn mit in die Wohnung zurückzunehmen. Als er unglücklich auf die Straße gefallen war, habe ich versucht, ihn durch Backpfeifen und leichte Fußtritte wieder zu Bewusstsein zu bringen“, sagte M. wie schon am ersten Verhandlungstag auch in seinen Schlussworten.

Ganz anders hörte sich da die Version des Opfers an, das bereits bei dem Streit in der Wohnung mehrfach ins Gesicht geschlagen worden war. „Als ich dann von der Wohnung weg bin, hat M. mich aufgehalten und einfach geschlagen, bis ich bewusstlos war“, sagte P. aus, der bis heute unter den Folgen der Gewalteinwirkung leidet. Das Opfer wollte zuvor gehört haben, wie M. den gesondert verfolgten Mittäter noch in der Wohnung immer wieder aufgefordert hatte, weiter auf P. einzuschlagen, bis dieser aus „Angst um das eigene Leben“ die Wohnung verließ.

Das Gericht entsprach mit dem Urteil nicht der Forderung des Staatsanwalts, die eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Totschlags beantragt hatte. Die Kammer sah keinen Tötungsvorsatz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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