Schwerer Schicksalsschlag: Traum ging in Flammen auf

Das Leben von Regina Tarras und ihres vierjährigen Sohnes ist zwar gerettet – doch der Albtraum dauert weiter an.

Krefeld. Der 21. April 2007 war ein regnerischer kalter Sonntag in San Marcos, Texas, und die Klimaanlage im Haus ihres kurz zuvor nach Berlin abgereisten Ehemannes Laurence ausgefallen. Der Video-Koordinator für die ehemalige National Football League Europe hatte seiner Frau weder Geld noch trockenes Kaminholz hinterlassen.

Regina Tarras (33) holte also nasses Holz von draußen und benutzte einen Schnellanzünder, um es sich und Söhnchen Phillip (damals noch 2) gemütlich zu machen. Es folgte eine katastrophale Verpuffung.

"Blitzschnell standen der imprägnierte Teppich und die Vorhänge in Flammen. Eine Feuerwand. In nur 30 Minuten war das Haus abgebrannt," erinnert sich die frühere Düsseldorfer Werbetexterin in der Krefelder Wohnung ihrer Mutter Christel.

Regina Tarras rettete ihr Söhnchen im dritten Anlauf aus den Flammen ohne Rücksicht auf das eigene Leben. Nachbarn richteten den Gartenschlauch auf ihren Kopf, dessen Haut daher zu den wenigen Stellen gehört, die keine Verbrennungswunden aufweisen.

Lebensgefährlich verletzt wurden Mutter und Kind (41 bzw. 48 Prozent verbrannter Hautfläche) ins Militärkrankenhaus (BAMC) von San Antonio gebracht. Die Klinik ist spezialisiert auf schwerste Verbrennungen.

"Als ich sie drei Tage später sah, dachte ich nicht, dass sie überleben würden", schildert Christel Tarras ihren ersten Eindruck. Lunge, Leber und Nieren ihrer Tochter versagten, sie fiel in ein Koma, das zweieinhalb Monate dauern sollte. Der kleine Philipp wurde in die Uni-Klinik von San Antonio verlegt, weil die Militärs nicht über eine Kinderstation verfügen.

Über ein Jahr lang blieb Christel Tarras in Texas, um nahe bei Tochter und Enkel zu sein. Nachdem der große Traum vom Glück in den USA in den Flammen aufgegangen war, wurde alle weiteren Hoffnungen Mitte August 2007 zerstört.

Ehemann Laurence (43) schickte seiner Schwiegermutter eine SMS, dass er die Scheidung eingereicht habe. Als Regina Tarras das auf der Intensivstation erfuhr, erlitt sie einen Herzinfarkt.

Den Zeitpunkt der Scheidungsklage hatte der Texaner mit Bedacht gewählt: Eine Woche später wäre Regina Tarras nach texanischem Recht zur "vollwertigen" Ehefrau mit allen Rechten und Ansprüchen geworden - nach einem Jahr Ehe.

Ihr Mann und langjähriger guter Freund aus "Rhine Fire"-Zeiten brachte sie in einer billigeren Krankenversicherung unter, die Behandlungskosten nur zu 60 Prozent übernimmt und von einigen Kliniken nicht akzeptiert wird, weil die Patienten den Eigenanteil niemals aufbringen könnten.

"Ohne die Hilfe von Reverend Chrys Parker hätten wir es nie geschafft", sind Mutter und Tochter heute sicher. Die Pfarrerin besorgte eine Wohnung und machte Sponsorengelder der Gesellschaft für verbrannte Kinder locker. "Wildfremde Menschen haben uns Lebensmittel und Spielzeug geschickt, es gab eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft", sagt Regina Tarras.

Was Christel Tarras verwundert: "Mein Schwiegersohn hatte bereits nach einer Woche einen dicken Scheck für ein noch größeres Wohnhaus von seiner Versicherung bekommen, ein neues und natürlich auch größeres Auto sowie ein Ersatzhaus für die Bauzeit."

Eine Untersuchung der Brandursache sei nie erfolgt. Der Ausfall der Klima-Anlage könnte mit dem nicht funktionierenden Kaminabzug zu tun haben, mutmaßt die Mutter, deren Vermögen in den USA draufging. Ein deutscher Fernsehsender übernahm die Flugkosten für alle drei Passagiere. Am Tag des Rückfluges kam das Scheidungsurteil.

Seit knapp vier Monaten leben Mutter, Tochter und Enkel in einer kleinen Wohnung am Westwall. Philipp ist gerade vier Jahre alt geworden.

In der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Duisburg-Buchholz kommen noch viele Hauttransplantationen auf ihn zu. Im Alexianer wird sein Trauma behandelt, die Mutter steht auf der Warteliste - zu wenig Therapeuten.

Ein dickes Lob zollt Christel Tarras dem Team-Manager Friedel Mattner von der Krefelder Arge. Er machte es möglich, dass die 34-Jährige Arbeitslosengeld II erhält, obwohl ein Sozialamtsmitarbeiter sie auf einen Blick als teilzeitarbeitsfähig einstufte. "Meine Luft reicht für eine knappe halbe Stunde Laufen, mehr gibt die Lunge noch nicht her", sagt Regina Tarras.

Jetzt hat sie auch noch einen Rechtsstreit am Hals. An der Drießendorfer Straße wollten Mutter und Kind eine Wohnung mit Garten beziehen. Der Mietvertrag war unterschrieben, doch als eine Hollywood-Schaukel angeliefert wurde, gab es Krach mit der Vermieterin. Die Schaukel störe ihre Augen, habe die Eigentümerin erklärt.

"Wir müssen uns doch vor der Sonne schützen", beteuert Regina Tarras. Sie erhielt eine Kündigung zum 1. Januar 2009, obwohl klar war, dass Mutter und Kind nicht einziehen würden. Die Werbetexterin zur WZ: "Jetzt habe ich die fristlose Kündigung eingereicht." Den Rest sollen die Juristen regeln.

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