"Sie ist der Teufel" - Krefelder (25) tötet Mutter mit 38 Stichen

Angeklagter muss sich vor dem Landgericht für Bluttat verantworten.

Krefeld. Der junge Mann mit den kurz geschorene Haaren auf der Anklagebank schaut ohne Pause zu Boden. So wie jemand, der im Regen steht und das Wasser mit gesenktem Haupt an sich herunterlaufen lässt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 25-Jährigen vor, am 26. April die eigene Mutter mit zwei Küchenmessern im Bett erstochen zu haben. 38 Stich- und Schnittverletzungen zählten die Gerichtsmediziner. Der Angeklagte soll dabei so brutal vorgegangen sein, dass eine Klinge verbog und die zweite abbrach.

Die Anklage vor dem Landgericht geht davon aus, dass der Krefelder zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war, da er unter einer akuten psychotischen Störung litt. Polizisten soll er erzählt haben, dass seine Mutter von Dämonen besessen sei. Die Vermutung steht im Raum, dass sein schizophrener Zustand durch regelmäßigen Cannabiskonsum ausgelöst wurde.

Der 25-Jährige nimmt zaghaft Stellung zu den Vorwürfen. „Mein Kopf hat sich eingedrückt von den Stimmen“, sagt er dem Richter. Er habe einen Monat vor der Tat nicht mehr geschlafen. Das Verhältnis zu seiner Mutter sei aber sehr gut gewesen — das bestätigten auch andere Familienmitglieder.

Das Unheil hatte bereits drei Wochen vor der Bluttat seine Schatten voraus geworfen. Der Krefelder stand nämlich schon einmal mit einem Klappmesser vor der Mutter und drohte ihr mit wirren Äußerungen.

Seine 22-jährige Schwester kann dem Schöffengericht die Wandlung des Bruders genauer schildern — wenngleich die Aussage vor Gericht für sie eine qualvolle Prozedur bedeutet. Immer wieder bricht sie in Tränen aus und schaut entsetzt zu ihrem teilnahmslos wirkenden Bruder. Als er auf die Mutter losgegangen war, lag sie direkt neben ihr im Bett.

„Er war eigentlich immer ein guter Bruder und hat alles für uns gemacht“, sagt sie. Drei bis vier Wochen vor dem ersten Vorfall habe er fast jeden Tag gekifft und später angefangen, sich merkwürdig über die Mutter zu äußern. „Sie ist der Teufel“ soll er gesagt haben. Und: „Sie hat schon fünf Leute umgebracht. Ich bin der nächste.“

Danach sah es so aus, als würde sich die Lage zum Guten wenden. Der Bruder sagte, er habe aufgehört zu kiffen, sei wieder etwas klarer gewesen. Bis zum Abend vor der fatalen Nacht. Wieder sei der Krefelder, der zu diesem Zeitpunkt wieder bei der Mutter lebte, wirr gewesen. Die Schwester konnte ihn überreden einen Pfarrer anzurufen, mit dem die Geschwister einen Termin für den nächsten Tag vereinbarten. Zu spät.

Plötzlich, so schildert es die 22-Jährige, stand der Bruder mitten in der Nacht im Schlafzimmer, ging immer wieder rein und raus. „Ich habe noch halb geschlafen und nur gehört, dass andauernd das Telefon klingelte“, sagt die Schwester. Zuletzt soll er ins Handy gerufen haben: „Ja, ja, jetzt!“ Dann griff er zum Messer.

Aus den Unterlagen des Telefonanbieters geht hervor, dass der Angeklagte an dem Abend mehrfach mit seinem Vater gesprochen hatte, der in der Tragödie eine undurchsichtige Rolle spielt. Seit zwei Jahren lebten die Eltern in Trennung, seither so die Krefelderin, habe ihr Vater immer wieder Drohungen ausgesprochen, sei auch handgreiflich geworden. Die Tante des Angeklagten sagt aus: „Er hat 100 Mal am Tag angerufen und gedroht, sie umzubringen.“

Eigentlich soll auch der Vater gehört werden, doch der Richter äußert Bedenken: „Ich glaube, wenn der Angeklagte den Vater sieht, wird er erst recht nichts mehr sagen.“ Auf den Protest der Schwester hin, wendet er sich noch einmal an den zusammengesunkenen Mann auf der Anklagebank und spricht ihn direkt auf die Rolle des Vaters an.

Die Antwort kommt dieses Mal sofort: „Nein, mein Vater hat mich nicht dazu gebracht. Ich habe Stimmen gehört.“ Daraufhin wird es laut auf den Rängen, wo die Angehörigen sitzen — sie können es nicht fassen. Das Urteil soll am Dienstag gesprochen werden. Dann soll auch ein Gutachter die psychische Situation des Angeklagten bewerten, für den es um die Unterbringung in einer Klinik geht. neuk

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