Forstwald: Das familiäre Waldidyll

Krefelds westlicher Stadtteil hat kaum Geschäfte, dafür aber einen Bahnhof. Vereinen fehlt ein Treffpunkt, doch alle leben gern am Waldesrand.

Krefeld-Forstwald. „Jetzt geh’n wir mal zum Tennisclub, ich hab’ den Schlüssel“. Maryam Scheffer ist die gute Seele des Vereins, der in diesem Jahr den 30. feiert, damit einer der jüngsten Tennisvereine Krefelds und mit 160 Mitgliedern auch einer der kleinsten ist. Wann immer hier Feiern anstehen, Maryam hilft organisieren und auch danach saubermachen. „Als das Klubheim gebaut wurde, haben die Männer Bäume gepflanzt und wir Frauen Spaghetti gekocht, damit sie bei Kräften blieben.“

Tonart und schwarzbraune Augen verraten, dass Maryam nicht von hier ist: 1968 kam sie als 19-Jährige von Persien nach Deutschland. Seit 32 Jahren wohnt sie in Forstwald. Und führt uns herum. Auch durch ihr schickes Heim am Amselweg, dass sie mit ihrem Mann Kurt inzwischen allein bewohnt, denn die Töchter (29 und 34) sind aus dem Haus.

Maryam Scheffer malt ein Minarett aus der Erinnerung und lobt die Ökumene im Stadtteil: „In der Johanneskirche gibt es fünf Frauengruppen für verschiedene Interessen, während in Maria Waldrast mehr Jugendarbeit geleistet wird. Waldmäuse-Gruppen gibt es in beiden Gemeinden. Ökumenische Arbeit wird in Forstwald groß geschrieben.“

Geradezu ideal ist der Stadtteil für Kinder. „Kita und Grundschule befinden sich direkt im Wald.“ Ihre Töchter haben am liebsten an den Hexenkuhlen zwischen den Wanderwegen gespielt.

Allerdings mangelt es in Forstwald an manchem: „Backwaren gibt es in der Bäckerei Weißert. Frische Brötchen kann man auch in der Poststelle kaufen, doch seitdem Spar weg ist, fahren die meisten nach St. Tönis. Denn dort gibt es alles“, sagt Maryam Scheffer. Für Ältere ohne Auto seien die Einkaufsmöglichkeiten schon problematisch. Seit der Schließung der „Orchidee“ (früher „Waldhof“) an der Hermann-Schumacher-Straße hätten die Vereine keinen Treffpunkt mehr. Vor allem der Verein für Leibesübungen (VfL) mit seinen 750 Mitgliedern benötige dringend eine Kneipe.

Essen gehen — das ist ein weiteres Manko im Forstwald. Da ist natürlich das Ausflugslokal Forsthaus mit seiner Terrasse, Wahrzeichen des Stadtteils und weit über die Grenzen Krefelds bekannt, mit seinen Rehen im Wildgatter und den lauthals schreienden Pfauen in den Bäumen. Unbekannter ist das „In Vino veritas“, das man am besten mit dem Fahrrad ansteuert, weil es schon auf dem Willicher Teil der Holterhöfe gelegen ist. Anfangs gab es im Weinhandel des alten Bauernhofes, Poßberg nur Schinken- und Käsehäppchen, heute hat er eine vollwertige Küche, Frühstück und „special events“, wie italienische, spanische oder kubanische Nächte. Drinnen hat Maryam Scheffer auch schon ihre Bilder ausgestellt. „Aber der Sommer war zu schön. Alle saßen nur draußen. Verkauft habe ich zwei Arbeiten.“

Heute ist Freitag. Da muss man den Wochenmarkt vor der Johanneskirche besuchen. Die Kundenschar ist überschaubar. Sie wäre noch überschaubarer, wäre nicht die Radler-Gruppe um Ingrid Hartschen aus Fischeln eingefallen: Alle sind Mitglieder des Vereins Linker Niederrhein. Freitags kommen sie bisweilen zu zwanzig zum Forstwalder Markt — Ziel ist was Saures vom Fisch-Mann. „Doch der ist heute gar nicht gekommen“, sagt Ingrid Hartschen irritiert. Hilfsweise werden süße Birnen erstanden.

Käsehändlerin Amelie van der Coelen ist eine Frau der ersten Stunde: Als der Forstwalder Wochenmarkt vor knapp 14 Jahren etabliert wurde, war sie dabei. „Ich lebe auch hier von meiner Stammkundschaft“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich bin zufrieden“.

„Eigentlich müssten wir auch Mitglied im Bürgerverein Forstwald sein“, sinniert Maryam Scheffer. Denn der habe sich schließlich vehement für den Erhalt der Bahnstation „Forsthaus“ eingesetzt, über die man in die große weite Welt gelangt — nach Krefeld, Düsseldorf, Viersen oder Mönchengladbach. Unsere Stadtteilführerin erinnert schließlich noch an den Flop mit der Golfanlage Renneshof, die ein Schweine züchtender Bauer verhindert hat. „Ein Golfplatz hätte Forstwald aufgewertet, denn damit wäre der Wert der Grundstücke gesteigert worden.“

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