Oppum - der unterschätzte Stadtteil

Historie und Moderne liegen hier nah nebeneinander. Der Ort ist für viele wie eine Perle.

Krefeld-Oppum. Willi Klapdor und Rhett-Christian Grammatik sind Oppumer durch und durch — auch wenn beide „im nahen Krefeld“ zur Welt gekommen sind. Oppum ist für sie nicht die letzte Ausfahrt vor der Autobahn, sondern aus voller Überzeugung der Lebensmittelpunkt — und der am meisten unterschätzte Stadtteil der Stadt. „Eine Perle“, betont Grammatik.

Beide haben sich für den Spaziergang mehrere Stunden Zeit genommen haben. Und das ist auch nötig. Denn nicht nur die Bahnlinie, die Untergath und Brücken zerschneiden den Ort an der Autobahn A 57 in Einzelteile. Sie unterscheiden sich mit ihrem unterschiedlichen Charakter auch erheblich voneinander: die Donksiedlung, die Heinrich-Klausmann-Siedlung, Oppum-Mitte und das Viertel um den Schönwasserpark.

Willi Klapdor ist Donkler von Kindesbeinen an, wie einst sein Vater und heute auch zwei seiner Söhne. Der 82-Jährige lebt seit seinem vierten Lebensjahr an der Bacherhofstraße. „Früher war das hier alles Sumpfgebiet“, erzählt Klapdor und erklärt damit gleichzeitig die Namensherkunft. Das Wort Donk bezeichnet eine flache Erhebung im sumpfigen Gelände, die im frühen Mittelalter Ausgangspunkte für die Moorbesiedlung waren.

Vater Klapdor hatte am Rande des Sumpfgebiets Anfang der 30er-Jahre eine Gartenparzelle. „Die musste er zwar aufgeben, doch dafür konnten wir in eins der ersten von vier Siedlungshäuser hier ziehen.“ Das war der Beginn der schnell wachsenden Donk-Siedlung. Die Bromeledonk, die Fungendonk und etliche mehr folgten. Klapdor wirft beim Spaziergang ein: „Längst weiß ich selber nicht mehr alle Namen.“

Mit jedem neuen Haus ist die einst freie Sicht nach Linn, Fischeln und Bösinghoven mehr verbaut worden. Dennoch ist der Siedlungscharakter mit anderthalbgeschossigen Häusern, großen Gärten und kleineren Parkflächen erhalten geblieben. Ebenso wie die zahlreichen kleinen Gräben, die das hochdrückende Grundwasser in ruhigen Bahnen in den großen Teich des Schönwassersparks transportieren. Ruhig ist es hier, wenn laut Klapdor der Ostwind nicht den Lärm der nahen Autobahn herüber weht — und sehr familär.

Das liegt nicht nur an den Familien, die hier bereits in zweiter Generation leben, sondern auch an den vielen lebendigen Straßengemeinschaften. „Allein auf der Bacherhofstraße zählen wir 108 Mitglieder“, sagt Klapdor stolz, der selber bis 2001 knapp sieben Jahre lang als Vorsitzender fungierte.

Noch immer wächst die Donksiedlung. Seit 2004 entsteht entlang des Geschwister-Scholl-Weges die Solarsiedlung Fungendonk. Ein Vorzeigeprojekt für Doppel- und Reihenhäuser in Passivhausbauweise. Sie sind modern und energiesparend, aber gestalterisch nun mal nicht nach der Façon des gelernten Poliers Willi Klapdor. Er liebt eben die typischen Donkhäuser mit sichtbarem Mauerwerk und Krüppelwalmdach.

Was es bedeutet, in einem Neubaugebiet zu leben, davon kann Rhett-Christian Grammatik ein Lied singen. Gemeinsam mit seiner Frau Ulrike ist er 1994 in die neue Heinrich-Klausmann-Siedlung zwischen Hauptstraße und Autobahn-Raststätte Geismühle gezogen. „Doch wir haben es dort nur sechs Jahre ausgehalten“, sagt der 52-Jährige. „Zum einen wegen des Baulärms, zum anderen wegen des damals geplanten überdimensionierten Lärmschutzwalls.“

Der kam zwar letzten Endes nicht. Doch als nach den ursprünglich geplanten Häusern im Landhausstil die Bauweise immer unterschiedlicher wurde, zogen sie kurzerhand in gewachsene Strukturen im Oppumer Norden. Der Botanische Garten und der Schönwasserpark sind nun direkt vor ihrer Tür.

„Je nachdem wie der Wind steht, hören wir zwar die Bahn, aber das ist eben ein Merkmal von Oppum.“ Grammatik stört das nicht. Pluspunkte sind beispielsweise der Schönwasserpark, die gute Anbindung an Düsseldorf, die gelebte Nachbarschaftshilfe und die gute Nahversorgung. Bis auf die Ortsmitte. „Hier muss dringend was getan werden“, erklärt der 52-Jährige.

Er vermisst städtebauliche Akzente rund um den Bahnhof. „Der leerstehende Supermarkt an der Maybachstraße verschandelt die Örtlichkeit.“ Schon zu lange ziehe sich die Diskussion um eine Umgestaltung hin. Eine Bebauung des Festplatzes an der Kronlandbrücke lehnt er ab — wie viele andere auch. Dafür lobt er das Engagement der Händler. „Der Weihnachtsmarkt auf beiden Seiten der Bahn war wirklich sehr schön.“

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