Die Renaissance der schwarzen Scheiben

Vinyl ist wieder gefragt: Nicht nur große Elektromärkte haben sie im Angebot, einige kleine Musikläden haben sich ihr verschrieben.

Krefeld. Das leise Knistern und Rauschen im Hintergrund, das Geräusch von der Diamant-Nadel auf der Vinylplatte. Liebhaber schwören auf den "lebendigen", "natürlichen" und "warmen" Klang der Schallplatte. Lange Zeit hat sie ein Schattendasein geführt, ist von der CD vom Markt verdrängt worden. Seit 1983 sind die Verkäufe und Produktionszahlen von Schallplatten zurückgegangen; 1990 wurden fast doppelt so viele CDs wie LPs verkauft; die Schallplatte wurde totgesagt bis sie die Musikindustrie wieder entdeckt hat.

Krefelder Schallplattenläden setzen auf ausgefallenen Geschmack und Sonderwünsche. Betritt man den Laden Rille von Georg Nichzienski in der Rheinstraße, schlägt einem der Geruch von alten Schallplattencovern entgegen. Regalreihen gefüllt mit LPs, Kisten mit Sonderangeboten, neben der Theke auch CDs. Musik aus den 60er, 70er und 80er Jahren - die Jahrzehnte der Schallplatte.

Musikalische Schätze verstecken sich hier, spezialisiert ist der Laden auf Jazz- und Independent-Musik. "Gerade in der Independentszene war die Schallplatte nie verschwunden", sagt Nichzienski. Versandhandel und Ladenlokal, das ist etwas, das es nicht in jeder Stadt gibt. So beschreibt Michael Stahl vom Unrock, Karlsplatz 25, seinen Plattenladen. Er führt Kleinstauflagen für Sammler und hat überwiegend Gitarren-Underground-Musik im Angebot. Im Regelfall haben seine Kunden einen ausgefalleneren Musikgeschmack.

Von den Beatles, über die Rolling Stones und ABBA bis hin zu Johnny Cash - Nostalgie wird groß geschrieben. "Die Leute wollen das Knistern wieder hören", sagt Norbert Pfaar, Geschäftsführer der Media Markt-Filiale in der Blumentalstraße. Eine kleine Auswahl an Vinyl-Platten hatten sie schon immer. Um der vermehrten Nachfrage begegnen zu können, wurde der Bestand im letzten Jahr auf rund 700 Titel aufgestockt. Von Pop- und Rockklassikern über Soul, Jazz und aktuelle Erscheinungen.

"Viele Interpreten und Firmen legen wieder Wert auf eine zusätzliche Vinyl-Veröffentlichung", erzählt Willi Wolters, Abteilungsleiter Tonträger bei Media Markt. Und so sind auch Duffys "Rockferry", Coldplays "Viva La Vida" und Amy Whinehouses "Back to Black" auf Vinyl in den Regalen zu finden. Künstler wie Die Ärzte und Herbert Grönemeyer bringen ihre Alben schon lange auf beiden Tonträgern heraus.

Die Schallplatte gibt ein Stück Lebensqualität zurück. "Die Leute konsumieren nicht die Musik, sie zelebrieren sie", findet Nichzienski. Eine LP werde anders gehört als eine CD. Es ist eher ein Ritual: Die Platte aus der Hülle ziehen, auf den Plattenteller auflegen, die Nadel positionieren - dazu ein Glas Wein im Lieblings-Sessel. Es gibt eine Rückbesinnung zur Schallplatte; von einem Comeback würden Georg Nichzienski und Michael Stahl nicht reden. "Es ist eher eine kleine Renaissance", findet Nichzienski. Haben die "Vinyls" zuvor ein Prozent im Tonträgermarkt ausgemacht, seien es jetzt vielleicht zwei Prozent. Mehr werde es aber auch nicht werden, meint er.

Die Klangqualität der Platten ist durch die digitale Bearbeitung besser geworden. Der vorherrschende Tonträger wird sie dennoch nicht mehr, ist Stahl überzeugt. Für ihn ist die LP der Beständigere und wird die CD somit überdauern. Die Schallplatte bleibt etwas für Liebhaber - ein Nischenprodukt.

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