Erster Einsatz in Bangalore

Regina Weidental studiert Textildesign. Sie untersucht deshalb auch vor Ort die Arbeitsbedingungen in indischen Bekleidungsfabriken.

Erster Einsatz in Bangalore
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Mit dem Elfenbeinturm der Wissenschaft will Regina Weidental (24) nichts zu tun haben. Sie will über den Tellerrand ihres Design-Ingenieur-Studiums hinaus schauen. Deshalb ist die Krefelderin dafür nach Indien geflogen. In Bangalore will sie im Auftrag der Nichtregierungsorganisation (NGO) Cividep die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken des Landes untersuchen. Das hofft sie zumindest.

„Natürlich sind die Organisationen, die Kontrollen in den Fabriken machen, bei den Fabrikbesitzern nicht gern gesehen“, sagt sie. Aber sie ist zuversichtlich, mit den Arbeitern zumindest außerhalb der Fabriken reden zu können. Wie lässt sich die Situation der Arbeiter in Indien verbessern? Um diese Frage geht es bei ihrem fünfmonatigen Aufenthalt in Indien.

Cividep informiert Arbeiter aus der Bekleidungsbranche, aber auch aus dem Elektronik-, Tee- und Kaffeesektor über ihre Rechte. Gleichzeitig versuchen sie, etwas über die Arbeitsbedingungen, die Sicherheitsvorkehrungen und die Bezahlung herauszufinden. Die Bilder vom Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesh im April 2013 mit über 1000 Toten hat das Thema auch in Europa wieder in den Blickpunkt gerückt. „Mich interessiert die Frage, inwiefern sind faire Arbeitsbedingungen in Indien überhaupt möglich? Welche Veränderungen gehen und welche nicht, und was läuft überhaupt verkehrt?“

Die Behauptung, dass es den Arbeitern so schlecht geht, weil auf den europäischen Märkten so wenig für Textilien bezahlt wird, stimme so pauschal jedenfalls nicht. „Man kann nicht sagen, je teurer die Bekleidung, desto besser die Arbeitsbedingungen vor Ort — schließlich zahlt man ja auch beispielsweise für den Markennamen.“ Eine gewisse Orientierung bietet den Kunden die GOTS-Zertifizierung. GOTS (Global Organic Textile Standard) funktioniert wie die bekannten Ökosiegel auf Textilien, nur dass sie neben der nachhaltigen Produktion auch für soziale Standards bürgen. „Mich interessiert, ob die so zertifizierte Produktion wirklich besser ist, als die nicht zertifizierte“, sagt Weidental. Eine 100-prozentige Sicherheit gebe es nicht. „Das Ganze ist sehr intransparent, man weiß nicht, ob die gesamte Lieferkette koscher ist.“

Aber nicht nur über die Arbeitsbedingungen in Asien hat sich Regina Weidental ihre Gedanken gemacht. Als Krefelderin denkt sie auch über die heimische Textilwirtschaft — so weit es diese überhaupt noch gibt — nach. „Viele Menschen sagen, dass es nicht mehr möglich ist, in Deutschland zu produzieren und die Sachen auch noch zu verkaufen.“ Sie sieht das ganz anders.

Angst vor dem Erleben extremer Armut hat sie nicht. „Ich bin in Usbekistan geboren. Ich habe also schon einmal in einem Land mit deutlich größerer Armut als hier gelebt.“ Die Freude auf Indien und seine Kultur überwiegt. „Ich denke schon, dass mich mein Aufenthalt verändern wird.“ Dafür nimmt sie auch finanzielle Einbußen in Kauf. Ausgestattet ist die Studentin zwar mit einem Stipendium vom Akademischen Auslandsdienst über 300 Euro im Monat. Aber allein ihre erste Unterkunft in Bangalore kostet schon 340 Euro. Erst vor Ort kann sie nach einer günstigeren Unterkunft suchen. Über ihre Arbeit und Erfahrungen in Indien will Regina Weidental regelmäßig in ihrem Blog berichten.

www.cividep.org

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