Gemeinsam für Gerechtigkeit - ein Berater des Arbeitslosenzentrums berichtet

Der engagierte Katholik Werner Fleuren blickt auf ein bewegtes Berufsleben zurück.

Krefeld. Joseph Leon Kardinal Cardijn ist für Werner Fleuren ein Vorbild. Und das schon fast sein ganzes Leben lang. Das Motto des Gründers der Christlichen Arbeiterjugend, „Mach’ nie etwas alleine“, hat sich der engagierte Katholik zu seinem eigenen Lebensmotto gemacht. „Ich habe erlebt, wie wichtig es ist, Kollektive zu gründen — um etwas zu bewegen“, sagt der 63-Jährige. Und das nicht erst in den letzten Jahren seines langen Berufsleben, in denen er als Berater im Arbeitslosenzentrum Krefeld beschäftigt war. Am 31. Januar geht er in den vorgezogenen Ruhestand. Grund für ihn, mit der WZ auf 40 Jahre „gelebte Solidarität“ zurückzuschauen.

In seinem alten Büro am Westwall 32-34 steht noch sein „Arbeitsaltar“, wie er ihn selber nennt. Am dem hölzernen Kleiderständer hängen allerlei Erinnerungsstücke an ein langes, abwechslungsreiches Berufsleben. Gleichzeitig sind sie ein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung der vergangenen 40 Jahre.

Werner Fleuren hat noch den Beruf des Technischen Zeichners gelernt. „Auf der anderen Seite des Rheins, in Duisburg, wo ich geboren bin“, erinnert er sich. Am ersten Tag seiner Lehre steht er bereits in der Werkstatt und lernt an einem Eisenteil das Fräsen, Feilen und Bohren. Dieses Werkstück ist das älteste Erinnerungsstück an seinem Altar. Es fasziniert ihn, etwas Passgenaues herzustellen, im Kleinen das Ganze zu erkennen.

Nach der Ausbildung geht er zur Bundeswehr, studiert anschließend Maschinenbau. 1971 wird für ihn ein entscheidendes Jahr. Er heiratet, wechselt die Arbeitsstelle — und zieht mit seiner Frau auf die andere Seite des Rheins, genauer gesagt nach Krefeld-Traar. „Typisch katholisch eben“, kommentiert er selbst.

Hier wird er politisch aktiv. „Der damalige Krefelder Jugendamtsleiter Werner Bußmann wollte nachmittags die Kindergärten schließen“, erinnert er sich. Es ist das Jahr 1979, seine Tochter ist gerade mal drei Jahre alt. Erstmals kämpft er mit Anderen gegen Ungerechtigkeit, Ausgrenzung, Benachteiligung. Und das mit Erfolg. Die Formel der 80er-Jahre, „Gemeinsam sind wir stark“, füllt sich für ihn mit Leben. Er tritt in die Katholische Arbeiterbewegung (KAB) ein, in die Gewerkschaft IG Metall, wird später Betriebsrat und ehrenamtlicher Arbeitsrichter in Krefeld — Fahnen an seinem „Arbeitsaltar“ zeugen davon.

Am 13. August 1981 wird in Polen das Kriegsrecht ausgerufen. Aus Solidarität fährt der junge Familienvater mit anderen Gewerkschaftlern und KAB-Mitgliedern nach Danzig, um die verbotene Gewerkschaft Solidarnosc im Rahmen einer Großdemonstration zu unterstützen. „Das Schlimmste, aber auch Beeindruckenste dort passierte während eines Gottesdienstes, als ein einschlagendes Geschoss die Empore der Kirche in Brand setzte — doch alle blieben ruhig stehen und sangen die Nationalhymne“, erzählt er mit Tränen in den Augen.

Dieses Erlebnis verleiht ihm Kraft. Als Mitte der 80er-Jahre die Grenze von einer Million Arbeitsloser in Deutschland überschritten ist, setzt er sich für die Gründung des ökumenischen Arbeitslosenzentrums in Krefeld ein. Ab 1989 arbeitet er dort mit, zunächst im Sachausschuss, ab 1991 dann im Team.

Ab 1992 arbeitet er dann hauptberuflich als Referent für die Arbeiter und Betriebsseelsorge im Bistum Aachen. Er initiiert 1996 bistumsweit die große Armutskampagne, die erstmals den Blick der Bevölkerung auf die zunehmende Zahl der Menschen lenkt, die finanziell am Rande der Gesellschaft leben.

„Das war eine ganz tolle Sache“, erinnert er sich ohne Wehmut, doch mit der Gewissheit, dass die Probleme seither noch zugenommen haben.

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