Ingenieur und Jazztrompeter

Erwin Dieterich ist Betriebsleiter bei Bayer Material Science. Sein Hobby betreibt er nach der Arbeit täglich — semiprofessionell.

Ingenieur und Jazztrompeter
Foto: privat

Krefeld. Wenn Erwin Dieterich seine Trompete in die Hand nimmt, kribbelt es sofort in den Fingern. Dann spielt er munter drauflos und vergisst alles um sich herum. „Dabei kann ich herrlich abschalten“, gesteht der 51-Jährige, der mit seinem Musikstudium auch als Jazz-Trompeter in einer Big Band Karriere hätte machen können.

Doch der Jazz wird nur Leidenschaft bleiben. Der promovierte Ingenieur ist seit September 2013 für einen Produktionsbetrieb von Bayer Material Science am Standort Uerdingen verantwortlich.

Die Professionalität an der Trompete kommt nicht von ungefähr: Im niederländischen Hilversum hat Erwin Dieterich dieses Instrument studiert. Schon als Jugendlicher gewann er einmal den ersten und dreimal den zweiten Preis beim Jugendwettbewerb „Jugend jazzt“.

Drei Jahre lang spielte der Nachwuchsmusiker im Landesjugendjazzorchester. „Es gab zu dieser Zeit viele, die meine berufliche Zukunft in der Musik gesehen haben“, erinnert sich der gebürtige Bremer.

Musikstudium oder Ingenieurskunst? Musiker oder Ingenieur? Das war die große Frage, die Dieterich nach dem Abitur für sich selbst beantworten musste. Die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule in Detmold hatte er bereits bestanden, doch sein Vater schlug einen Deal vor: „Mach’ erst ein Ingenieurstudium. Danach bezahle ich ein Jahr Musikstudium.“ Die Begründung war für den Sohn einleuchtend: „Es gibt viele gute Musiker, aber nur wenige verdienen damit auch gutes Geld.“

Groß überlegen musste Dieterich nicht, denn auch der Beruf des Ingenieurs faszinierte ihn. Neben Musik waren auch Mathe, Chemie, Physik in der Schule Lieblingsfächer des heutigen Betriebsleiters.

„An technischen Herausforderungen hatte ich immer viel Freude“, betont der 51-Jährige. Somit machte er zunächst in Stuttgart seinen Diplom-Ingenieur. Danach folgte der musikalische Exkurs in Hilversum, anschließend die Promotion wieder in Stuttgart.

Am 1. Januar 1996 begann seine berufliche Karriere bei Bayer. Nach seinem Einstieg in Leverkusen wechselte der Neuzugang 1998 zur Polyurethan-Verfahrensforschung nach Dormagen. Im Jahr 2000 wechselte er in die Polyurethan-Produktion und war 2003 maßgeblich an der Inbetriebnahme einer neuen Anlage in Dormagen beteiligt.

„Ein unvergessliches Erlebnis“, schwärmt der Verfahrenstechniker noch heute und spricht von einem beeindruckenden „Teamspirit“. Er vergleicht die Stimmung im Betrieb mit der Stimmung in einer Band: „Da muss ein Rädchen in ein anderes greifen. Da erhält man eine Harmonie, die man auch braucht, wenn man ein richtig gutes Konzert geben will.“

Auch als Bandleader — und Dieterich hat in vielen Big Bands gespielt — müsse man exzellente Einzelkönner unter einen Hut bringen. Ein Gleichklang sei nur möglich, wenn jeder wisse, was von einem erwartet wird und welche Aufgaben er im Team zu bewältigen hat.“

Für den semiprofessionellen Hobby-Musiker liegen die Bereiche „Musik und Chemie“ ohnehin nicht weit auseinander. „Die Musik hat Harmonien, die Chemie das Periodensystem. Beides erfordert logisches Denken.“ Er spricht von einer „genialen Mischung“, die in beiden Bereichen zündet.

Die Musik hat den vierfachen Familienvater übrigens überall hin begleitet. Es gab kaum Zeiten, in denen der Wahl-Kölner nicht in einer Gruppe spielte. Als Dieterich von 2008 bis August 2013 für Bayer in Antwerpen gearbeitet hat, war er in einer belgischen Big Band aktiv. „Ein Freund aus alten Studientagen hat mich empfohlen.“ Bei Youtube ist ein Film von einem gemeinsamen Auftritt eingestellt.

Seit Dieterich in Uerdingen arbeitet, sucht er nach einer neuen Big Band. Vor seiner Zeit in Antwerpen hat er beim renommierten Kölner Blue Art Orchestra gespielt. Wenn bei den Kölnern ein Trompeter ausfällt, darf Dieterich aushelfen. „Aber nur sporadisch — leider. Ich suche in der Tat eine neue Herausforderung.“

Geübt wird trotzdem fast jeden Tag. Das ist auch zwingend erforderlich, denn nur ein paar Tage Pause wirken sich im Spiel bereits aus. Außerdem kann Dieterich damit auch gut abschalten. Wenn er abends nach Hause kommt, spielt er ein wenig Modern Jazz, um den Kopf freizukriegen. Trompete spielen im Betrieb bleibt eine Ausnahme, betont der Betriebsleiter, denn: „Hier stimmt die Chemie, aber zu Hause spielt die Musik.“

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