Keine Kinderbetreuung, keine Ausbildung

Weil Kita- und Stundenplan der Kinder nicht zu ihren Arbeitszeiten passen, kann Stefanie Langner ihre Lehre nicht beenden.

Keine Kinderbetreuung, keine Ausbildung
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Für Stefanie Langner ist es die Chance, auf die sie gehofft hat: Zwei Lehrjahre als medizinische Fachangestellte („Arzthelferin“, sagt Langner) hat sie abgeschlossen. Das dritte fehlt, weil ihr Arbeitgeber Ende 2013 seine Praxis in Grefrath (Kreis Viersen) geschlossen hat. Seitdem ist sie arbeitslos.

„Es ist schwer, eine Ausbildungsstelle nur für das dritte Lehrjahr zu finden“, sagt die 26-Jährige. Doch ihr Umzug nach Krefeld und die Suche nach einer Hausärztin bringt ihr Glück. Die Internistin bietet der neuen Patientin an, die Ausbildung in ihrer Praxis abzuschließen.

Am vergangenen Montag hat Stefanie Langner den Vertrag unterschrieben, Mittwoch begann die Einarbeitung in der Praxis, heute startet das dritte Lehrjahr inklusive Berufsschulunterricht. Allerdings ohne Stefanie Langner. „Ich habe einfach keine Betreuung für meine Tochter und den Sohn meines Partners gefunden“, sagt Langner unglücklich.

Zurzeit gibt es für das Kitakind eine 45-Stunden-Betreuung, aber die Erstklässlerin hat noch keinen Platz im Offenen Ganztag. Doch auch diese Betreuung würde den Bedarf Langners nicht abdecken. Der Ganztag endet um 16 Uhr, spätestens um 16.30 Uhr, erläutert Urban Brocks vom städtischen Schulamt. Seinem Amt sind zudem die Hände gebunden. „Die Schulen entscheiden selbst über die Aufnahme der Kinder.“

Die Betreuung am Morgen ist in Langners Augen kein Problem. „Die Kita öffnet um 7 Uhr.“ Nachmittags und an einzelnen Tagen, an denen die Praxis bis 19 Uhr geöffnet ist, entstehe die Lücke. Familienmitglieder könnten nicht einspringen, „die arbeiten alle“, sagt die 26-Jährige.

Besuche im städtischen Jugendamt sowie bei ihrem Sachbearbeiter im Jobcenter („Er war sehr verständnisvoll, konnte mir aber auch nicht helfen“) brachten keine Lösung. „Es ist zurzeit kein Tagespflegeperson für Randzeiten vermittelbar“, heißt es im Jugendamt.

Es ist ein Problem, das viele berufstätige Eltern kennen, weiß Gudrun Stangenberg, stellvertretende Fachbereichsleiterin für Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung der Stadt. Es gebe nur sehr wenige Tagespflegepersonen, die eine Betreuung am frühen Morgen und nachmittags bis in den Abend hinein anbieten. „Kurzfristig kann ich da leider keine Hoffnung machen.“ Manchmal, sagt Stangenberg, könne eine individuelle Absprache mit dem Arbeitgeber die Lösung bringen.

Die Aussicht, angesichts der fehlenden Kinderbetreuung weiterhin Hartz IV zu beziehen, deprimiert Langner. „Ich will nicht abhängig sein“, sagt sie ratlos. „Ich brauche doch nur alle zwei Wochen eine Kinderbetreuung, und auch nicht an jedem Tag.“ In der restlichen Zeit kümmere sich ihr Partner, der Schichtdienst habe, um die Kinder. „Ich greife nach jedem Strohhalm, um meine Ausbildung beenden zu können.“

Auch Claudia Brüker, die Beauftragte für Chancengleichheit im Jobcenter Krefeld, versucht Kundinnen wie Stefanie Langner zu helfen. Die Zusammenarbeit mit Stadt und kirchlichen Trägern sei da sehr gut, auch spontane Unterstützung manchmal möglich. Grundsätzlich bemühe sie sich aber, betroffene Eltern so früh wie möglich zu beraten. Vor allem nach der Kitazeit fehle oft eine Betreuung.

Die Gründe liegen auf der Hand: Der Offene Ganztag biete nicht genug Plätze, Tagesmütter wiederum dürften nur fünf Kinder annehmen, egal ob sie ganztags oder in Randzeiten betreut werden. Kaum jemand wähle unter diesen Voraussetzungen die geringe Betreuungszeit, erklärt Claudia Brüker.

Stefanie Langner hat ihren Plan notgedrungen zurückgestellt, die Ärztin habe die Tür aber nicht zugeschlagen. „Wenn ich eine Kinderbetreuung finde, klappt es vielleicht noch.“

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