"Küster sind Einzelkämpfer"

Vor 110 Jahren schlossen sich die Sakristane in der Region zusammen. Heute übernehmen immer mehr Frauen die Aufgabe.

"Küster sind Einzelkämpfer"
Foto: Andreas Bischof

Krefeld/Kreis Viersen. Vor 30 Jahren fand sich bei Bauarbeiten auf dem Speicher der Krefelder Dionysiuskirche ein ganz besonderes Schriftzeugnis: das Protokollbuch des Dekanatsvereins der Küster. Darin war auch die Gründung dieser Sakristan-Gruppe im Jahr 1904 festgehalten worden. So ist über eine Sitzung am 19. November vor 110 Jahren zu lesen: „College Schouren aus Anrath erbat sich als ältester College das Wort und wies darauf hin, dass Einigkeit und Liebe uns stets vorschweben mögen“. Ein Anrather Küster war deswegen in Krefeld dabei, weil das damalige Dekanat der Seidenstadt auch die heutigen Dekanate Kempen-Tönisvorst, Willich sowie Nettetal-Grefrath umfasste. Damals gehörte alles zum Erzbistum Köln. Jetzt feierte der regionale Küster-Zusammenschluss sein 110-Jähriges in der Herz-Jesu Kirche in Königshof.

„In dem Protokollbuch wird auch deutlich, in welch materieller Not sich die kirchlichen Mitarbeiter befanden“, sagt Franz Kopecky. Der Küster im Ruhestand war in St. Heinrich in Uerdingen tätig und stand mehr als 20 Jahre lang dem Zentralverband kirchlicher Mitarbeiter, kurz ZDK, als Bundesvorsitzender vor. Diesem ZDK hatten sich auch schon die niederrheinischen Küster im Herbst 1906 angeschlossen.

„Die Ziele, die der Zentralverband in den damaligen Zeiten, trotz Krieg und Inflation erreichte, waren enorm“, so Kopecky. Die ersten Bemühungen um die Altersversorgung der Kollegen hätten sich positiv ausgewirkt. „Urlaub und Urlaubsgeld wurden erstmals festgesetzt. Und auch der Anschluss an Versicherungen, Kranken- und Sterbekassen kam zustande.“ Küster seien schon immer Einzelkämpfer gewesen, „deswegen ist eine Solidargemeinschaft wichtig“.

Ein Element, das Franz Kopecky in seiner aktiven Zeit besonders wichtig war, ist die Weiterbildung: „Es kamen Neulinge, die zunächst wenig mit Kirche anzufangen wussten.“ Küster ist kein Lehrberuf, viele haben ihre Wurzeln im Handwerk. Kopecky selbst arbeitete vor seinem Dienst in Altarraum und Sakristei als Bergmann in Westfalen. Und da ein Küster nicht nur eine Art Gotteshausmeister ist und sein Dienst aus mehr besteht als Türen öffnen und Kerzen anzünden, müssen viele Dinge erst gelernt werden. „Wir haben damals Kurse für Blumengestecke und Paramenten-Pflege angeboten“, sagt der Rentner. Paramente sind Textilien, die in der Liturgie verwendet werden, darunter auch die Messgewänder.

Das Bild des Küsters hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. War er früher fast immer nur für eine Kirche zuständig, betreut er heute oft zwei oder drei Gotteshäuser. „Sie reisen mit dem Pfarrer“, wie Kopecky es nennt. Und: Seit einigen Jahrzehnten bekleiden auch immer mehr Frauen dieses Amt. Der Uerdinger erinnert in diesem Zusammenhang an Anneliese Effing (St. Mariae Geburt). Einen Grund für den weiblichen Zuwachs sieht Kopecky in der häufig angebotenen Möglichkeit der Teilzeit. Diese nutzten die jungen Frauen, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen.

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