Lebendiges Gemeindezentrum im Herzen des Südbezirks

Trotz Geldnot und Krisen ist das Clarenbachhaus seit 50 Jahren ein wichtiger Treffpunkt.

Krefeld. Der Süden Krefelds in den 1950er Jahren: Die Lutherkirche als einzig erhaltenes evangelisches Gotteshaus ist brechend voll, von überall her sind die Menschen herbeigeströmt.

„Hier hat ein gigantisches Gemeindeleben stattgefunden“, berichtet Christa Meyer, Pfarrerin im Ruhestand. Sie ist voller Bewunderung für die offensichtliche Begabung des damaligen Pfarrers Paul Engels. Dieser habe „es verstanden, auch den Jugendlichen Begeisterung zu vermitteln“.

Eine Begeisterung, die nicht ohne Folgen blieb. Schon bald reichte der Platz hinten und vorne nicht mehr. „Die Veranstaltungen aller Gruppen fanden im Vorraum der Kirche statt“, so Meyer. Was Wunder, dass da bald die Idee eines neuen Gemeindehauses geboren war. Mit Spenden, Geld des Landschaftsverbandes und der Stadt entstand für 400 000 Deutsche Mark das Clarenbachhaus. Einweihung war am 4. November 1962 — vor fast genau 50 Jahren.

„Die Alten mit den Jungen, die Jungen mit den Alten, die sollen loben den Namen des Herrn.“ Die Inschrift des Grundsteins machte die Ausrichtung auf eine lebendige Gemeinde deutlich, die aber schon bald vom Nachfolger, Pfarrer Friedhelm Waffenschmidt, einen anderen Dreh erhalten sollte, wie Meyer erzählt.

Dieser setzte mit Tonstudio, Feiern und Jugendfahrten „bis hin nach Amerika“ auf eine moderne und aufwendige Jugendarbeit, mit eigenwilligen Kniffen gelang es ihm auch, sie umzusetzen. Aber: Das übrige Gemeindeleben sei darüber ins Hintertreffen geraten, moniert Meyer. „Als ich 1970 kam, fand ich eine fast verödete Gemeinde vor.“

Aus heutiger Sicht jedoch hat sich dann doch noch alles zum Guten gewendet. Mit der Erwachsenenbildung, die 1969 per Evangelischer Frauenhilfe ihren Anfang nahm, wurde ein weiterer Grundstein für ein umfassendes Angebot gelegt. „Die Idee war, etwas zu haben für ganz Krefeld“, sagt Christa Müller, Leiterin des Hauses der Familie.

Die Jugendarbeit musste aus finanziellen Gründen zwar zurückgefahren werden, doch das spätere Haus der Familie dehnte sich zunächst im Clarenbachhaus aus, erhielt 1980 gar ein eigenes Gebäude. Auch das eigentliche Gemeindeleben kam langsam wieder in Schwung, nicht zuletzt mit den Aussiedlern aus Polen und Russland, die heute etwa mit ihrer jährlichen Weihnachtsfeier im Haus Wurzeln geschlagen haben. Gemeindepädagogin Norma Wierczimok legte einen Fokus auf die Arbeit mit sozial benachteiligten Familien.

Mitte der 1990er Jahre kam dann der Rückschlag: Der Finanzdruck und die schrumpfenden Gemeinden trieben das Presbyterium zu der Überlegung, die Immobilien loszuwerden, die sanierungsbedürftige Kirche wurde zwischenzeitlich zur „Church“, ein Ort für junge Musikkultur.

Eine sterbende Gemeinde mitten in einem Bezirk, in dem gerade die Ansprache eines jeden Einzelnen so wichtig erscheint?

Das erzeugte Widerspruch und neues Engagement: Mit dem Projekt „Senfkorn“, das sich unter anderem für die Förderung der Integration einsetzt, mit dem Förderverein Walckerorgel, der inzwischen das wertvolle Instrument in der Lutherkirche sanieren konnte, mit dem Haus der Familie und dem Erhalt des Clarenbachhauses, mit verstärkter gemeindlicher Arbeit ist heute wieder ein lebendiges Zentrum im Herzen des Krefelder Südbezirks entstanden.

Die Finanzen bereiten weiterhin Sorgen, doch die Ideen bleiben nicht aus. Längst hat man sich für das europäische Aktionsprogramm Mehrgenerationenhaus beworben, ein Begegnungsort für Jung und Alt, der das Miteinander stärkt und die Integration fördert, wie Christa Müller erklärt.

Und so schließt sich der Kreis — ganz im Sinne des alten Grundsteinspruches . . .

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