Schüler dreht Film über Krefelder im Nationalsozialismus

Lukas Linnig hat ein Werk über vier Krefelder und ihre Erlebnisse zur Zeit des Nationalsozialismus erschaffen. Dafür hat er einige Nächte geopfert.

Krefeld. Geschichtsunterricht einmal anders: ganz nah an noch lebenden Zeitzeugen, die ihre Eindrücke aus ihren Kindertagen in den 30er und 40er Jahren schildern. Mündlich überlieferte Geschichte von hoher Authentizität — dies hat Lukas Linnig, Schüler der Stufe 13 des Ricarda-Huch-Gymnasiums, in einem Film zusammengetragen.

Wie aufwendig seine Arbeit für das Projekt des Geschichtsunterrichts werden würde, hatte er anfangs falsch eingeschätzt: „Ich habe gedacht, ein paar Stunden Schnitt, und dann ist es erledigt. Aber dann haben wir nicht mehr in Stunden, sondern nur noch in Nächten gerechnet.“

Tatkräftige Unterstützung fand der Abiturient bei seiner jüngeren Schwester Jule und so wurde aus einem Fünf-Minuten-Film eine 38-Minuten-Dokumentation sehr persönlicher, aber trotzdem charakteristischer Zeitgeschichte.

Mit einer Kamera besuchte er vier betagte Krefelder, die sich für Interviews zur Verfügung gestellt hatten, und nahm diese Gespräche als wichtigstes Material für seinen Film. In Edith Heinzelmann, Benno Kesting, Kurt Hausmann und Heinz Elbers fand er Personen, die noch sehr lebendig und detailreich ihre Erlebnisse als Schulkinder in den 30er und 40er Jahren schildern konnten.

Am Montagabend hatte der Film „Krefelder Kinder in einer Welt der Erwachsenen — Alltag Krefelder Kinder und Jugendlicher zur Zeit des Nationalsozialismus“ seine Premiere in der sehr gut besuchten Aula des Gymnasiums. Leiter Udo Rademacher stellte heraus, dass ein solches Projekt jedes noch so gute Geschichtsbuch übertreffen würde.

Unter der Leitidee „Wahrhaftig erinnern, versöhnt leben“ schildert Linnig mit der Auswahl seiner Gesprächsszenen, wie sich der Alltag für die Kinder damals Schritt für Schritt änderte, welche Änderungen durch die Nationalsozialisten sie betrafen: die Umbenennung der Schulen und das Ausgrenzen von Mitschülern jüdischen Glaubens — offiziell „korrekt“ und wie manche Lehrer dies zu umgehen verstanden.

Der Rauch, der am Martinstag 1938 noch aus der Synagoge stieg, und das Knirschen der Glasscherben auf den Bürgersteigen sind Heinzelmann noch immer gegenwärtig. Aber es gibt ebenso Aspekte, an die sich vor allem die Herren gerne erinnern: „In der Hitlerjugend wurden auch Kinderträume wahr.“ Vor allem der Segelflug, vom Modell bis zum realen Fliegen, gehörte für sie dazu.

Positives Gemeinschaftsgefühl, aber auch Gruppenzwang wurden in der Hitlerjugend erlebt. Beim Schulalltag im zerbombten Krefeld wurde in Kleinigkeiten die Not jener Zeit angedeutet. Es gab keine Hefte, und so wurden Hausaufgaben auf nicht bedruckte Zeitungsränder geschrieben.

Bei den vier Hauptdarstellern und seiner Schwester bedankte sich Linnig nach der bewegenden Filmvorführung. Mit dem Zitat von Gunter Demnig „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ beendete er den offiziellen Teil der Filmpremiere und wies darauf hin, dass aus Spenden für die DVD des Films das Projekt „Stolpersteine“ in Krefeld unterstützt werden soll.

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