Sommer-Serie: Mein erstes Date mit Krefeld

Die WZ wollte wissen: Was denkt ein Tourist, der ohne Vorkenntnisse die Seidenstadt erkundet?

Sommer-Serie: Mein erstes Date mit Krefeld
Foto: Daniel Neukirchen

Krefeld. „Oppummm!“ Alexander Brink hat den Namen von einem Straßenschild aufgeschnappt. „Das klingt irgendwie nach tiefstem Ruhrpott.“ Der 31-jährige Düsseldorfer lacht, weil er ahnt, dass man den alteingesessenen Krefelder damit womöglich provozieren kann. Doch hundertprozentig weiß er das nicht. Eigentlich weiß er gar nichts über Krefeld. Es ist sein erstes Mal in der Stadt am Niederrhein, die er jetzt für die WZ in einer neuen Sommerserie aus den Augen eines Touristen erforschen und beschreiben wird.

Sommer-Serie: Mein erstes Date mit Krefeld
Foto: Daniel Neukirchen

Bevor er Krefelds Schokoladenseiten wie den Stadtwald, den Zoo oder die Burg Linn unter die Lupe nimmt, geht’s in die Innenstadt. Geparkt wird auf der Neuen Linner Straße. Als Brink aus dem Auto steigt, reibt er sich die Arme: „Hier ist es zehn Grad kälter als in Düsseldorf, oder?“ Wirklich haben sich Wolken vor die Sonne geschoben. Krefeld zeigt ihm die kalte Schulter. Zu allem Überfluss geht es jetzt noch vorbei an vollgesprayten Hausfassaden und umgestürzten Mülleimern. Brinks Blicke lassen leichte Irritation erahnen.

Sommer-Serie: Mein erstes Date mit Krefeld
Foto: Daniel Neukirchen

Nach den ersten Schritten über Ostwall, Stadtmarkt und am Behnisch-Haus vorbei hat der 31-Jährige eine erste Hypothese: „In jeder netten Ecke versaut ein Haus den Eindruck.“ Beispiel Stadtmarkt: Hier könnte er sich gut vorstellen, die Mittagspause zu verbringen, nur sagt ihm der Ausblick auf die teils verkommenen Fassaden wenig zu.

Besser gefällt ihm schon der Platz an der Alten Synagoge. Zwischen Vapiano und Mamma’s Trattoria würde ihm höchstens ein schlechter Straßenmusikant den Pastagenuss verderben. Obwohl das Behnisch-Haus als Ganzes in Brinks Augen eher deplatziert wirkt. „Das sieht so aus, als würde es in den Düsseldorfer Hafen gehören.“

Die nächsten heimischen Gefühle kommen dann auf der Königstraße auf. „Ach, das wird hier wirklich auch mit Kö abgekürzt?“, fragt er überrascht. Die Einkaufsstraße hinterlässt bei Brink auch wegen der Bepflanzung und des Glasdachs einen positiven Eindruck.

„Ich wollte eigentlich noch einen Pullover kaufen“, sagt der Touri. Vielleicht ist da die Hochstraße der richtige Ort? Ja, ist sie. Doch so richtig schafft es Krefeld an dieser Stelle nicht, für einen Auswärtigen an Profil zu gewinnen. Textilfilialisten, Telefonabieter-Shops, Parfümerien, ein klassisches Kaufhaus — aus diesen Bausteinen besteht wohl jede Fußgängerzone in Deutschland. „Alles gut, aber das könnte jetzt überall sein“, sagt Brink. „Etwa in Hilden“, fügt er hinzu und lächelt wieder etwas provokativ.

Doch dann menschelt Krefeld auf einmal. Brink kauft sich eine Wurst im Brötchen bei Bratwurst Paule in der Fußgängerzone. Schnell merkt er, dass hier die Passanten auch gerne mal auf ein Pläuschchen halten. Hier geht’s offenbar um mehr als Würste mit Grillstreifen. Dem Düsseldorfer gefällt das. „Super! Solche Sachen machen doch eine Stadt aus. Das kann kein Glaskomplex ersetzen.“

Erstes Zwischenfazit: „Krefeld ist nett.“ Pause. Wäre Krefeld eine Frau und dies das Ende einer ersten Verabredung, sollte sich Miss Samt und Seide an dieser Stelle wohl keine großen Hoffnungen machen. Brink führt aus: „Mich würde es jetzt nicht zwingend von außerhalb in die Innenstadt ziehen. Obwohl ich schöne Gastronomie-Oasen gesehen habe.“

Doch noch ist die Reise lange nicht zu Ende. Vielleicht ist das auch nur der Anfang einer wunderbaren Freundschaft. Es kann halt nicht immer Liebe auf den ersten Blick sein. Jetzt also schnell in Richtung Zoo — der Theaterplatz wird vertagt . . .

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