St. Martin heißt Sabine

In Nord-West reitet am Donnerstag eine stellvertretende Schulleiterin an der Spitze des Martinszuges des Bürgervereins.

Krefeld. Der silberne Römerhelm mit dem markanten Kamm aus rotem Pferdehaar lässt wenig Platz für das Gesicht. Der Helm wiegt zweieinhalb Kilo. St. Martin auf seinem Schimmel trägt den roten Mantel des Reiteroffiziers der kaiserlichen römischen Garde.

An seiner Seite baumelt in prächtiger Scheide das Schwert. An den Stiefeln sind Sporen zu erkennen. Das Kinn stolz vorgestreckt, die Augen blitzen. Ein gewohntes Bild in diesen Tagen der Martinszüge. Dennoch trügt das Bild beim Zug des Bürgervereins Nord-West.

Der Reiter an der Spitze des Zuges am Donnerstag ist nämlich eine Reiterin. Als wohl einziger weiblicher St. Martin der 80 Züge in Krefeld reitet Sabine Kretschmann-Dulisch an der Spitze des Zuges. Hinter ihr zu Pferd ihre beiden Herolde, ebenfalls weiblich.

Die stellvertretende Schulleiterin am bischöflichen St. Hildegardis-Mädchen-Gymnasium Duisburg ist passionierte Reiterin. Bis 1996 hatte sie ihr eigenes Pferd, mit dem sie auch erfolgreich Turniere bestritt.

Mit ihrem Mann Joachim, ebenfalls Lehrer an der Montessori-Gesamtschule am Minkweg, lebt die geborene Krefelderin an der Krüsemannstraße in ihrem Elternhaus. Früher war sie Leistungsschwimmerin bei der Schwimm-Vereinigung-Krefeld (SVK).

Trainiert wurde sie von Waldemar Poleska, dem Vater der Olympia-Medaillengewinnerin Anne Poleska. In den Disziplinen Delphin und Rücken war sie Teilnehmerin an Westdeutschen Meisterschaften.

Ihre Karriere als St. Martina begann 2007. Zuvor ritt sie seit 1988 hinter dem Wohltäter von Amiens als einer der beiden Herolde. Als ihr Vorgänger nach dem Zug 2006 seine Rolle an den Nagel hängte, sprang die Pädagogin für Biologie und Sport ein. Sie macht das gerne. „Ich hänge an den alten Traditionen und will etwas für deren Erhalt tun.“ Gerade gegenüber Halloween sei das notwendig, meint Sabine Kretschmann-Dulisch.

Besondere Freude bereite ihr der Besuch im Seniorenheim während des Zuges. „Die Kinder kriegen ja so gut wie nie mit, dass da oben auf dem Pferd eine Frau sitzt. Im Altenheim aber sorge das oft für Erstaunen, immer aber für Freude.“ Aber nicht der Zug alleine mache St. Martin aus. Auch wenn in Schulen und Kindergärten an den Laternen gebastelt werde, gehöre das dazu. Ebenso das Sammeln für die Martinstüten von Haustür zu Haustür und die Helfer, die die 400 Tüten für die Kinder packen.

Der Zug selbst sei natürlich der Höhepunkt. „Wenn es vorbeigeht an den geschmückten Fenstern, wenn die Leute bei Glühwein an der Straße stehen, Gebäck hochreichen und klatschen, wenn die Kinder ganz glänzende Augen bekommen, das geht schon nahe.“ Wunderschön sei dann der Augenblick, wenn St. Martin auf dem Canisiusplatz mit dem Schwert seinen Mantel teilt.

Reiterlich sei das aber nicht unproblematisch, sagt Kretschmann-Dulisch. Sie müsse dafür die Hände von den Zügeln des Pferdes nehmen. Nicht selten scheuen die Tiere vor dem lodernden Martinsfeuer zurück. „Da ist es schon gut, wenn ich die Sporen einsetzen kann.“

Einfach draufsetzten aufs Pferd, das ginge nicht. Nicht nur das Feuer sei für die Pferde ungewohnt, auch die laute Musik, die vielen Lichter ringsum, das Blaulicht und das Singen machten die Tiere nervös. „Da muss St. Martin schon mal wie ein Mann zupacken können“, sagt St. Martina lächelnd.

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