Wanderung: Von Porto nach Santiago de Compostela

Drei junge Krefelder sind von Porto nach Santiago de Compostela gewandert — dabei haben sie viel erlebt.

Krefeld. Socken, Hose, Hemd, Blasenpflaster und die Flugtickets nach Portugal — sorgsam gingen die drei jungen Männer am Tag vor der Abreise ihre Checkliste durch. Mehrmals packten sie die zwölf Kilogramm schweren Rucksäcke um. Für zwei Wochen wollten sie dem Alltagsstress entkommen. Sie würden zwar in den sonnigen Süden fliegen, doch der Weg war ihr Ziel — der 250 Kilometer lange Jakobsweg.

Die Idee für die Reise kam Matthias Schulden schon im Sommer 2011: „Mein Studium war ziemlich anstrengend und ich wollte unbedingt einen Gang zurückschalten. Der Jakobsweg war mir aus den Medien bekannt und ich wusste, dass ich etwas derart besonderes auch machen will“, erinnert sich der 23-Jährige. Er fragte Freunde und Bekannte, doch die meisten waren von der Herausforderung abgeschreckt.

Der Student wäre den Weg auch alleine gegangen, aber sein Freund Martin Bens (22) und Bruder Thomas Schulden (19) erklärten sich doch noch dazu bereit, ihn zu begleiten.

Zusammen studierten die drei Krefelder Reiseführer und waren sich einig, dass sie nicht den „Hape-Kerkeling-Trend-Weg“ gehen wollten: „Der Weg über Spanien ist zu überlaufen, wir wollten Menschen kennenlernen, die nicht jeden Tag 200 Pilgern begegnen“, erklärt Martin Bens.

Sie entschieden sich für den portugiesischen Weg, dem Camino Portugues, und buchten daraufhin den Flug nach Porto sowie ein Hotel für den An- und Abreisetag. Ein straffes Programm, denn sie waren somit gezwungen, innerhalb von 13 Tagen in Santiago de Compostela anzukommen. Deshalb planten sie schon zu Hause die einzelnen Etappen, die sie täglich bewältigen wollten.

Hoch motiviert kam das Trio in Porto an — ihre Rucksäcke allerdings nicht: „Unsere Sachen sind beim Zwischenstopp in Madrid geblieben. Das war echt ein Stimmungstief. Wir hatten nur eine Nacht im Hotel und mussten am nächsten Morgen los“, erinnert sich Matthias Schulden. Das Problem wurde aber gelöst, weil die Rucksäcke in der Nacht noch ins Hotel geliefert wurden.

Der erste Wandertag war der aufregendste: „Es war, als würden wir aus der Zivilisation hinaus laufen. Nach der Stadt Porto kamen nur kleine Dörfer und sonst nichts“, beschreibt Martin Bens lächelnd. Weil sie vor der Mittagshitze am nächsten Etappenziel ankommen wollten, starteten sie jeden Tag um 6 Uhr morgens.

Der Höhepunkt der Tour war für die Krefelder der vierte Etappentag: Mitten in der Einöde stand eine Hütte, die eine Einwohnerin in ihrem Garten extra für Pilger errichtet hatte: „Die Frau hieß Fernanda und war der Inbegriff von Herzlichkeit. Es wurde gekocht und bei portugiesischem Wein tauschte man sich mit anderen Pilgern aus.“

„Eine richtige Kraftspritze“, schwärmt Matthias Schulden. Mit neu getankter Energie erreichten die Pilger am siebten Tag dann Tui, die erste spanische Stadt. „Man sagt, dass ab diesem Punkt das Spazierengehen aufhört und das Pilgern anfängt. Genau das haben wir auch gemerkt“, sagt Martin Bens.

Die Gedanken waren nach einer Woche Wandern nur noch beim eigenen Körper: Blasen scheuerten an den Füßen und der schwere Rucksack drückte gegen Schultern und Hüfte. Als das Trio am Ende seiner Wanderung die weißen Türme der Kathedrale von Santiago aber schon von weitem sahen, waren alle Strapazen vergessen: „Es war ein schönes Gefühl, angekommen zu sein“, erinnert sich Matthias Schulden. So führte sie ihr erster Weg auch direkt zum Pilgerbüro, um sich die verdiente Urkunde abzuholen.

Auch wenn die nun offiziellen Pilger den Weg nicht primär aus christlich-religiösen Gründen gegangen sind, war der Besuch in der Kathedrale für die Krefelder Pflicht: „Man unterhält sich auf dem Weg automatisch über Religion und reflektiert seine eigene Haltung“, erklärt Martin Bens.

Jeder Teilnehmer hat neben zahlreichen Blasen auch Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen, die sie bei einem Strandurlaub nicht gemacht hätten. Thomas Schulden genoss die Unterhaltungen und die Zeit, die sie zusammen verbracht haben: „Ich habe mein Bett zu schätzen gelernt und gucke auch nicht mehr so oft auf mein Handy“, resümiert er.

Zurück in Deutschland gehen die Drei jetzt viel häufiger zu Fuß, da sie Entfernungen nun anders wahrnehmen. Das wird dem Trio sicherlich auch bei der im nächsten Jahr geplanten gemeinsamen Tour helfen: 500 Kilometer zu Fuß, von München bis nach Venedig, haben sie sich vorgenommen.

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