Ein neues Zuhause für Schallplattenfans

Betriebswirt Jürgen Wirtz hat sich gegen die Immobilienbranche und für ein eigenes Geschäft entschieden.

Ein neues Zuhause für Schallplattenfans
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Das Comeback der großen schwarzen Scheiben ist ungebrochen. Durch den Siegeszug der CD galt die Schallplatte lange Zeit als ein Relikt vergangener Generationen. Die geliebten Platten verlebten ein tristes Dasein in Umzugskartons oder wurden auf dem Trödel verhökert. Als Abgrenzung zum kalten digitalen Musikkonsum gilt die Schallplatte heute aber unter Musikliebhabern wieder als hip. Fast alle ernstzunehmenden Neuerscheinungen erscheinen auch auf Platte. Im Musikmarkt führt das schwarze Gold zwar ein Nischendasein, aber ein Nischendasein, das lebt.

Das hat auch Jürgen Wirtz erkannt. Mit seiner Plattenküche will er Krefelder Vinyl-Liebhabern ein Zuhause geben. „Die Leute sollen sich in meinem Laden wohlfühlen und in Ruhe stöbern können“, sagt der 49-Jährige. Schon beim Betreten des überschaubaren Geschäfts an der Linner Straße 1 stellt sich dieser Wohlfühlfaktor ein. Auf einem Plattenspieler dreht eine alte Rockscheibe ihre Runden, ein Beatles-Poster hängt an der Wand und rund 8000 in Holzkästen sortierte Schallplatten laden zum Stöbern ein. Zur Begrüßung wartet auf die Gäste ein frischer Kaffee.

Wirtz ist selber passionierter Sammler. „Angestachelt durch meinen Bruder habe ich meine erste Platte mit 12 Jahren gekauft.“ Das war „Let It Be“ von den Beatles. „Damit kann man auch heute nichts falsch machen“, sagt der 49-Jährige grinsend.

Mittlerweile umfasst seine Privatsammlung 6000 Exemplare, darunter auch viele Raritäten wie Erstauflagen oder Japanpressungen. Diese Sammlerleidenschaft überträgt der studierte Jurist und Betriebswirt auf das Angebot seines Plattenladens. Das Hauptaugenmerk liegt auf gebrauchten Platten. „Über die Hälfte ist Rockmusik, die ich selber liebe.“ Neben Klassikern wie Pink Floyd, Neil Young oder den Rolling Stones gibt es auch unbekanntere Künstler zu entdecken. „Je nachdem was reinkommt, entdecke ich selber immer wieder neue Sachen“, sagt Wirtz, der übers Internet ganze Sammlungen aufkauft oder auf Plattenbörsen nach neuen Schätzchen sucht.

So deckt er fast alle Musikgenres ab. Neben Rock und Pop gibt es Metal, Indie, Reggae, Jazz, Klassik, Hip-Hop und Techno. Die gebrauchten LPs kosten je nach Zustand bei fünf bis um die zwanzig Euro. Raritäten wie eine Japan-Pressung von Pink Floyds „The Darkside Of The Moon“ können allerdings auch 80 Euro kosten. Ergänzend zum großen Angebot an gebrauchten Platten können Neuerscheinungen fast immer zum Internetpreis bestellt werden. Zum Reinhören dürfen sich Kunden entspannt an einen von zwei Plattenspielern setzen und über Kopfhörer der Musik lauschen.

„Wenn Vinyl-Liebhaber sich hinsetzen und Musik hören, haben sie keine Fernbedienung, um weiterzuskippen. Die Leute sind generell entspannter“, sagt Wirtz.

Den Traum vom eigenen Plattenladen hegte Jürgen Wirtz schon länger. Letztendlich sei es eine Herzensentscheidung gewesen — gegen den stressigen Job in der Immobilienbranche. „Es war irgendwann klar, dass ich meinen alten Job nicht mehr machen will. Dann habe ich überlegt, im Internet Platten zu verkaufen. Da ich aber unbedingt diesen besonderen entspannten Spirit haben will, habe ich jetzt einen richtigen Laden aufgemacht.“ Stimmung möchte Jürgen Wirtz in Zukunft auch bei Veranstaltungen wie Akustikkonzerten aufkommen lassen.

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