Flüchtlinge Ständig in Angst vor der Abschiebung

Mit der WZ spricht Gladis Douabalet Maika über Schwierigkeiten und Glücksmomente in einer Stadt, die erst noch seine Heimat werden muss.

Flüchtlinge: Ständig in Angst vor der Abschiebung
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Ein Foto zeigt Gladis Douabalet Maika, wie er zum ersten Mal in seinem Leben mit Schlittschuhen auf einer Eisfläche steht. Gladis Douabalet Maika wedelt mit den Armen, kann sich aber halten. „Man muss immer kämpfen und nach vorne schauen“, sagt der 33-Jährige, der vor knapp neun Jahren aus dem Kongo nach Deutschland floh und kurz davor ist, die Fachoberschulreife zu erlangen. Bald soll das noch nötige Pflichtpraktikum bei einer IT-Firma im Gewerbepark Fichtenhain beginnen.

Nach seiner Flucht als politisch Verfolgter, bei der er seinen Vater zurücklassen musste, verbrachte der damals 24-Jährige drei Monate in einem Übergangslager in Schöppingen im Münsterland. Sein erster Asylantrag wurde abgelehnt. Er musste sich einen Anwalt besorgen, der den Einspruch übernahm.

Seit April 2007 lebt der 33-Jährige in Krefeld. Er teilt sich ein Zimmer und ein Bett mit einem Mitbewohner, einem Freund, wie er sagt. Wöchentlich, alle zwei Wochen oder einmal im Monat muss er die Ausländerbehörde besuchen, um seine Duldung verlängern zu lassen. „Sie kennen mich dort schon, die Behörde ist mein zweites Zuhause“, sagt Douabalet Maika und lächelt.

Seit acht Jahren lebt der 33-Jährige damit, geduldet zu werden. Ein Zustand, der ihn bis in den Schlaf verfolgt. „Man hat Alpträume, in denen einen die Polizei aus dem Bett zieht.“ Die Behörde forderte Beweise für seine Identität, die er nicht liefern kann. „Im Kongo hatte ich keinen Ausweis und ich kann mir dort auch keine Papiere besorgen. Das wäre lebensgefährlich.“

Seit seiner Ankunft in Deutschland war Douabalet Maika klar, dass er so schnell wie möglich die deutsche Sprache lernen muss. Einen Integrationskurs durfte er ohne Aufenthaltsgenehmigung aber nicht belegen. „Ich habe damals nur durch Zufall erfahren, dass ich bei der Volkshochschule einen Deutschkurs machen kann“, erzählt er.

Zweimal wöchentlich lernte er jeweils eineinhalb Stunden Deutsch, vier Jahre lang. Das eröffnete ihm nicht nur den Zugang zur Sprache des Landes, das seine neue Heimat werden soll. „Der Kurs hat mich abgelenkt von meinen Ängsten und Sorgen.“ Der Kursleiter ermutigte ihn auch, sich bei einer Abendrealschule anzumelden. Das war ohne Pass eine Herausforderung, ebenso wie der anschließende Wechsel auf ein Abendgymnasium; es gab Probleme, weil der 33-Jährige keine Arbeitserlaubnis hat.

Doch Douabalet Maika ließ sich nicht entmutigen. „Es ist manchmal als würde jemand einfach die Stopp-Taste drücken“, beschreibt er die bürokratischen Steine, die seinen Weg pflastern und fordert von Politik und Verwaltung: „Wir brauchen mehr Informationen und Integrationskurse für alle.“

Douabalet Maika will unbedingt Informatik studieren. „Im Kongo habe ich schon die Theorie der Programmiersprache gelernt, weil ich wissen wollte, wie ein Computer funktioniert.“ Dort machte er auch Abitur und fing ein naturwissenschaftliches Studium an. Den Theorieteil der Fachhochschulreife hat der 33-Jährige abgeschlossen. Jetzt muss er noch ein Praktikum machen, um auch in Deutschland studieren zu dürfen. Im August fand er einen Betrieb, der ihm dies ermöglichen will. Dann wurde wieder die Stopp-Taste gedrückt. Er müsse für ein Praktikum auf die Erlaubnis des Arbeitsamtes warten. Fast zwei Wochen später kam die Entwarnung: Es sei ein Missverständnis gewesen.

Die ständige Angst vor der Abschiebung und das Gefühl, oft in erster Linie als Asylant gesehen zu werden und nicht als Mensch, der sich einbringen und seine Zukunft gestalten möchte, nagen an ihm. „Man lebt nicht, man überlebt nur“, sagt er.

Es sind Erfahrungen mit Menschen, die ihm freundlich begegnen, die ihm Hoffnung machen. Bei seinem Sprachkurs lernte er eine Ukrainerin kennen, die ihm in der Rheinlandhalle das Schlittschuhlaufen beibrachte. „Sie hat mich in der Mitte abgestellt und gesagt, ‘schau wie du jetzt klar kommst’“, erinnert sich der 33-Jährige und lacht.

Gladis Douabalet Maika kommt klar, aber das Leben in Deutschland ist für ihn heute noch oft so, als würde er auf einer dünnen, glatten Eisfläche stehen. Es ist schwierig, die Balance zu halten, vorwärts zu kommen und dabei nicht einzubrechen. Doch er hat nie aufgehört, für sein neues Leben und seine neue Heimat zu kämpfen.

„Ich habe entschieden, nach vorne zu sehen, um mein Ziel zu erreichen: Ich möchte studieren, eine gute Arbeit und eine Familie haben, wie jeder andere auch.“

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