Statt Gesang nur fieses Rauschen

Neue Funktechnik der Telefonanbieter produziert Mehrkosten in beträchtlicher Höhe für das Theater.

Krefeld. Der Schauspieler Adrian Linke spielt den Transvestiten Dr. Frank N. Furter in der Musical-Produktion „Rocky Horror Show“. Zur Rolle gehört, dass Linke singen muss, doch in naher Zukunft könnte es sein, dass das Publikum davon gar nichts mitbekommt. „Man hört vielleicht ein Rauschen oder die Tagesschau“, sagt Andreas Reichenheim, der Abteilungsleiter Ton des Stadttheaters. Natürlich behagt ihm die Vorstellung nicht, aber er kann einem erklären, woran die Störung liegen wird.

Im letzten Jahr hat das Bundeswirtschaftsministerium den Frequenzbereich versteigert, in dem bisher auch Funkmikrophone ihre Signale senden. Solche Mikrophone nutzen die Darsteller der „Rocky Horror Show“.

„Long Term Evolution“ (LTE) heißt die neue Technik, mit der die Mobilfunkanbieter effektiveren Datenverkehr für die nächste Handy-Generation ermöglichen wollen. Das Problem dabei ist die Stärke des Signals. Die LTE-Sendemodule, die jetzt schon installiert werden, werden mit ihren Signalen die Theatersignale überlagern.

Im Theater Krefeld sind 52 sogenannte Mikroports und Empfängeranlagen betroffen, dazu weitere Handmikrofone. Sie können nicht auf eine andere Frequenz umgestellt werden. Spätestens wenn die neue Technik flächendeckend im Einsatz ist, muss das Theater die Altanlagen ersetzen. Das wird 2015 der Fall sein, aber Reichenheim weiß, dass die Mobilfunkanbieter LTE jetzt schon testen. Man wisse aber nicht, wo und wann, bemängelt er die Informationspolitik der Konzerne.

Alexander Kaisers ist Tontechniker bei Media Spectrum GmbH, die für Konzerte im Königpalast Tonanlagen zur Verfügung stellt. Auch er beschäftigt sich schon länger mit dem Problem, sieht sich aber auf der sicheren Seite, da seine Firma zu 90 Prozent Funkmikrophone neuerer Bauart benutze. Die seien auf andere Frequenzbereiche umstellbar.

Max Kropp, Leiter des Bereichs Technik in der Kulturfabrik, bleibt beim Thema LTE sogar völlig gelassen. „Die Kulturfabrik besitzt gar keine Funkmikrophone“, sagt Kropp, „wenn wir welche brauchen, leihen wir die aus.“

Theaterintendant Michael Grosse allerdings muss die Befürchtungen Reichenheims teilen. Er schätzt, dass die Anschaffung neuer Funkmikrophone für beide Häuser in Krefeld und Mönchengladbach zusammen 300 000 Euro kosten wird, und die stehen bisher nicht im Theateretat. „Wir werden mit unseren Gesellschaftern, den Städten, sprechen müssen“, sagt der Chef der neuen Theater gGmbH.

Mit Ausgleichszahlungen vom Bund kann kein Theater sicher rechnen. Die entsprechende Regelung ist voller Einschränkungen. So sollen Geräte, die vor 2006 angeschafft wurden, nicht ersetzt werden.

Eine Neuanschaffung ist für Grosse ohne Alternative. Stücke, in denen Funkmikrofone benötigt werden, könnte man in Zukunft sonst gar nicht mehr ansetzen. „Betroffen sind vor allem Stücke, mit denen wir Kasse machen können, also die Musicals“, sagt Grosse, „auf die können wir nicht verzichten.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort