Streit um ein Grabmal

Die Stadt will die Ruhestätte einer Überlebenden des KZ Auschwitz einebnen. Dagegen gibt es Proteste.

Streit um ein Grabmal
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Wer trägt die Verantwortung dafür, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu erhalten? Einen aktuellen Anlass, über diese Frage nachzudenken, liefert derzeit ein Streit in Krefeld. Der dreht sich um das Grab einer Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz auf dem Hauptfriedhof. Die Nichte der Frau ist nicht mehr in der Lage, die Gebühren für den Erhalt der Ruhestätte zu zahlen — in der Fachsprache ein „Wiedererwerb des Nutzungsrechts einer Grabstätte“. Sie möchte das Grab aber erhalten wissen.

Dieses Recht ist Ende 2012 erloschen, sagt der städtische Beigeordnete Thomas Visser: „Um das Grab für fünf weitere Jahre nutzen zu können, wäre Anfang 2013 ein Betrag von 590 Euro fällig geworden.“ Auf die Zahlungsaufforderungen habe die Familie der Verstorbenen seitdem nicht reagiert.

Im Herbst dieses Jahres wandte sich die Angehörige der Auschwitz-Überlebenden dann an Jost Rebentisch und den Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte in Köln. Der schickte ein Schreiben an Oberbürgermeister Gregor Kathstede, verbunden mit dem Hinweis auf einen Beschluss des Deutschen Bundesrates von 2012: Der empfiehlt öffentliche Unterstützung für die Pflege entsprechender Grabstätten.

Das Büro von Kathstede versprach, den Fall erneut zu prüfen — lehnte den Appell des Verbands im November allerdings schriftlich ab. Verbunden mit dem Hinweis auf eine Mitteilung des Vereins Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, wonach „privat gepflegte Gräber nicht in die öffentliche Obhut übernommen oder aus öffentlichen Mitteln gepflegt“ würden — das sei von den Angehörigen des Verstorbenen zu leisten.

Laut Thomas Visser müsste die verstorbene Frau eine Ehrenbürgerin der Stadt sein, um der Bitte ihrer Nichte entsprechen zu können. Ansonsten fehle dafür die Rechtsgrundlage: „Ohne die können wir den Fall nicht anders behandeln als andere Privatgräber“, so Visser. Offizielle Gedenkstätten zu bestimmen, sei überdies Sache des Bundes. Das wollen Rebentisch und sein Verband nicht gelten lassen — für sie seien Gräber von Überlebenden des Nazi-Terrors automatisch Gedenkstätten für die Opfer.

Auch Michael Schäfer vom Landesverband NRW deutscher Sinti und Roma äußert sich besorgt. „Es gibt in NRW leider noch keine eindeutige Rechtsgrundlage für Fälle wie diesen.“ Allerdings hätten bislang alle Städte und Gemeinden, in dem sein Verband ähnliche Bitten ausgesprochen hat, ihre Forderungen zurückgestellt. „Auch in NRW“.

Doch Krefeld scheint nicht die Vorreiterrolle übernehmen zu wollen. Fachbereichsleiter Thomas Visser: „Wir haben das Grab bislang nicht geräumt — und werden es auch nicht tun. Aber es muss eine Lösung her.“

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