Warum der Osterhase in den meisten Fällen ein Kaninchen ist

Oft passen Name und Darstellung nicht wirklich zusammen. Die WZ wollte wissen, warum.

Krefeld. Er ist das Symboltier für Ostern, er schmückt Werbeanzeigen, steht in dunkler und heller Schokolade im Süßwarenregal oder liegt in gebackener Form in der Bäckerei: der Osterhase. Und alle Jahre wieder wundert man sich, dass der Osterhase in der Werbung ein Kaninchen ist und eben kein Hase.

Wenn man denn den Unterschied kennt. Biologisch gesehen ist der durchaus erkennbar. Feldhasen sind groß und stämmig, haben lange kräftige Hinterläufe und wiegen bis zu sechs Kilogramm. Der Körper eines Kaninchens hingegen ist klein und gedrungen. Kaninchen haben kleine kurze Ohren und bringen maximal zwei Kilo auf die Waage. Anders als Feldhasen kommen Kaninchen nackt und blind auf die Welt.

Trotz der deutlich erkennbaren Unterschiede wird das Kaninchen immer wieder als Osterhase bezeichnet. Kaninchenzüchterin Astrid Minz aus Krefeld versucht eine Erklärung für dieses Phänomen zu finden: „Das Tier wird deshalb Osterhase genannt, weil nur der mit seinen weit auseinander stehenden Augen die Eier gut sehen kann. Durch seine Größe kann er die Ostereier auch besser tragen als ein Kaninchen“, sagt Minz.

Ein Hase würde auf den Werbeplakaten allerdings bei Weitem nicht so niedlich aussehen wie ein Kaninchen. „Ein Hase ist auch nicht einfach zu fotografieren“, sagt Minz. „Er ist ein Fluchttier, das kaum zu kriegen ist.“

Auch die Mitarbeiter des Landschaftsverbandes Rheinland — Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte — schieben das Phänomen, dass der Osterhase meist ein Kaninchen ist, auf das Aussehen des Tierchens: „Kaninchen sind in unserer Wahrnehmung mit dem runden Kopf und den großen Augen niedlicher“, sagt Dagmar Hänel vom Institut.

Warum aber der Hase oder eben das Kaninchen Eier zu Ostern bringt, obwohl er sie doch gar nicht legt, ist eine ganz andere Frage. Eine kleine Umfrage unter einigen Geflügelbauern und Hofladenbetreibern in Krefeld bringt darauf keine Antwort. Doch auch hier weiß Hänel Rat: „Die Geschichte entwickelt sich seit dem 18. Jahrhundert: In protestantischen Familien im städtischen Raum wird das Osterfest zunehmend zu einem Familienfest.

In der Pädagogik der bürgerlichen Familie ist — noch mal deutlich verstärkt im 19. Jahrhundert — der Osterhase der beliebte Gabenbringer.“ So werde sein Bild unglaublich populär durch Kinderbücher, Postkarten und die in der Osterzeit boomende Süßwarenindustrie.

Der Erfolg des Osterhasen hängt zusammen mit der Entkirchlichung des Osterfestes, weiß Hänel: „Der niedliche Osterhase, der die Eier versteckt, lässt sich als Erzähl- und Bilderbuchgestalt prima in die neuen Familienbräuche Eierverstecken beziehungsweise -suchen und Ostergeschenke einbauen.“ Zunächst war der Osterhase ein städtisches Phänomen. Er brauchte bis in die 1920er Jahre, um auch im ländlichen Bereich populär zu werden.

Kornelia Gurr, die für die Kinder- und Jugendarbeit in der Friedenskirche zuständig ist, nennt eine sehr praktische Erklärung dafür, wie der Osterhase an seine Funktion gekommen ist: „Die Menschen waren früher sehr naturverbunden und haben früh erkannt, wie fortpflanzungsfreudig Hasen sind.“ Das habe dann zur Symbolik des Lebens und der Wiedergeburt an Ostern gepasst. Und sie fügt lachend hinzu: „Ich glaube nicht, dass die Menschen damals so naiv waren zu glauben, dass der Hase Eier legt.“

Und warum werden die Eier bemalt, die das Osterkaninchen verteilen muss? „Das Ei ist in erster Linie ein Symbol für die Auferstehung Christi und das ewige Leben“, so Hänel. In dieser Bedeutung wurde es schon im frühen Christentum genutzt, zum Beispiel unter den christlichen Armeniern im sechsten Jahrhundert, die rote Eier verschenkten, bei denen das Rot die Farbe des Blutes Christi darstellte.

Eine andere Erklärung für die Bemalung ist in der Natur verankert. Die Farbe von Wildvogeleiern oder die durch Färbekräuter entstandenen Muster könnten als Vorbild für die Bemalung durch den Menschen gedient haben. Wie auch immer sich der Brauch erklären lässt — Freude bereitet er so oder so. Da ist es auch ganz egal, ob man sich dabei einen Schokoladenhasen oder ein Schokoladenkaninchen auf der Zunge zergehen lässt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort