Altersarmut zieht immer weitere Kreise

Zahl der Bedürftigen wächst. Viele verschuldete Senioren schämen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Krefeld. Sie haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet und dennoch reicht das Geld zum Lebensabend nicht. Nicht nur das Armutsrisiko künftiger Rentnergenerationen steigt. Schon heute leben in Deutschland viele Rentner unterhalb der Armutsgrenze. Das Thema Verschuldung hat die Generation 60 plus erreicht.

Auch in Krefeld sind immer mehr private Haushalte hoch verschuldet. „Laut Schufa-Jahresbericht von 2010 belegt Krefeld unter 412 Städten Platz 385“, sagt Erhard Beckers, Sprecher des Arbeitskreises Schuldnerberatung. „Wobei an erster Stelle die Stadt mit der geringsten privaten Verschuldung steht — Pirmasens.“

Niedrige Löhne, sinkendes Rentenniveau, Lücken in der gesetzlichen Rentenversicherung und eine unzureichende Grundsicherung im Alter sind die Ursachen für steigende Altersarmut. Die Kleidung ist alt, an Essen und Strom wird gespart, für Theater oder Ausflüge ist das Geld zu knapp.

Im Jahr 2009 reichte bei 1837 Krefeldern über 65 Jahren (3,6 Prozent) die Rente nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie erhielten Leistungen aus der Grundsicherung in Höhe von 376 Euro im Monat. Ende Oktober dieses Jahres waren 2271 Menschen bedürftig. „Das ist eine Steigerung von 23,6 Prozent. Der Trend wird sich verstärken“, prognostiziert Wolfram Gottschalk, Fachbereichsleiter Soziales, Senioren und Wohnen.

Altersarmut und Überschuldung sind gesellschaftlich brisante Themen, über die selten offen gesprochen wird. „Alte Menschen schämen sich, sie wollen keine Hilfe in Anspruch nehmen“, weiß Beckers. Als Folge ziehen sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Den Weg in die Schuldnerberatungsstellen scheuen sie.

Um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren, lädt der Seniorenbeirat der Stadt Krefeld gemeinsam mit dem Arbeitskreis Schuldnerberatung Krefeld alle Interessierte morgen zu einer Informationsveranstaltung in die Volkshochschule ein. Sie richtet sich vor allem an Mitarbeiter von Trägern, Einrichtungen und Institutionen, die ältere Menschen begleiten. „Wir möchten sie als Multiplikatoren gewinnen“, sagt Jochen Hochkamer, Vorsitzender des Seniorenbeirates.

Die Veranstaltung soll den Auftakt bilden zu Schulungen im Seniorenbereich, die für das nächste Jahr geplant sind.

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