Für ihre Gemeinde sind die Ehrenamtler im Dauereinsatz

Die Kirche setzt immer mehr Laien ein. Doch das Modell wirft viele Fragen auf.

Krefeld. Im Gemeindeleben geschehen manchmal skurrile Dinge. Beispiel: Eine Frau aus Oppum hatte in ihrem Nachlass der Kirche eine 1,40 Meter große Madonna vermacht. Ihr Nachfahre handelte laut Testament und brachte die Figur zu Karin Späth, die dem Leitungsteam der neuen Oppumer Pfarre St. Augustinus angehört. „Wir hatten die große Statue dann plötzlich im Wohnzimmer stehen. Für die Kirche ist die Madonna nicht geeignet.“

Ehrenamtler wie die 63-Jährige sehen sich in den Leitungsteams der Pfarren oft mit eigentümlichen und schönen, aber auch mit traurigen Dingen konfrontiert. Manchmal gehen die Bedürfnisse der Gemeindemitglieder wie Trennungs- oder Trauerschmerz an die Substanz.

„Wir bräuchten dringend professionelle Hilfe, um diese Dinge aufzuarbeiten“, erklärt Mitstreiterin Edith Furtmann vom Leitungsteam in St. Michael. „Vieles nehme ich mit nach Hause.“ Sie hat eine Schmerztherapeutin, mit der sie ab und zu sprechen kann, Karin Späth wird in der Familie aufgefangen.

Da die Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) noch nicht so lange bestehen, fehlen die Erfahrungen, um auf viele Dinge frühzeitig reagieren zu können. „Neue Wege in der Seelsorge werden noch viel Energie fressen, uns aber auch neue Menschen zuführen“, sagt Pastoralreferentin Anja Künzel, eine Moderatorin in der GdG Krefeld-Süd.

Dabei ist die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen oft eine Gratwanderung. Sie mussten die Fusionen begleiten, ohne dass die eigene Identität der früheren Pfarre verloren gehen durfte.

Sie sollen nah am Menschen bleiben, müssen sich aber beispielsweise gleichzeitig mit dem U-3-Ausbau in der katholischen Kita und dem Kirchenpersonal auseinandersetzen. Auch Priester für die im Zwei-Wochen-Rhythmus stattfindenden Gottesdienste müssen sie suchen.

In der Zwischenzeit zelebrieren sie selbst Wortgottesdienste samt Predigten und sind für die Sorgen und Nöte der Gläubigen da. Kurzum: Sie sollen sowohl die pastorale Gemeindearbeit pflegen als auch Kommunikation, Publikation und Meinungsaustausch. Späth: „Ich bin stets ansprechbar und gehe ohne Block und Stift nicht mehr aus dem Haus und in die Kirche schon gar nicht.“

Während Späth „gar nicht wissen will“, wie viele Stunden sie dafür aufbringt, schätzt Furtmann, dass sie und ihre Mitstreiter ehrenamtlich einen Halbtagsjob ausüben. Pfarrer Frank-Michael Mertens von Maria Frieden erklärt, dass die persönliche Belastung der Männer und Frauen hoch sei. „Neben Beruf und Familie werden sie mit vielen Dingen aus der Gemeinde konfrontiert“, sagt Mertens.

Die Arbeit in der GdG wird in Zukunft nicht einfacher. „Das Bistum wird in Zukunft jede dritte Kirche in den Gemeinden nicht mehr bezuschussen“, erklärt Mertens. „In der GdG-Süd bedeutet dies, dass von zehn Kirchen lediglich sieben Geld bekommen werden.“ Dies ist ein Modell, das viele Fragen aufwerfe, erklärt der Geistliche weiter.

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