Kinder schreiben Rede an die Menschheit

Warum gibt es Krieg, Leid und Armut auf der Welt? Und was können wir dagegen tun? Schüler der Pestalozzischule haben ihre Gedanken dazu festgehalten.

Krefeld. Wie erklärt man Kindern, dass die Welt nicht nur schön, sondern auch ungerecht ist? Wie spricht man mit ihnen über Armut, Krieg und Leid? Rebecca Saalmann, Referendarin an der Krefelder Pestalozzischule, sagt: „Das sind Themen, die Kinder täglich durch Nachrichten und aus ihrem Umfeld mitbekommen.“ Die Grundschüler reden auf dem Schulhof darüber — zwischen Pausenbrot und Spielen. Und sie stellen Fragen: „Warum gibt es Krieg? Wieso geht es anderen Menschen so schlecht, dass sie aus ihrem Land fliehen müssen? Was können wir tun, damit es besser wird?“

Wichtige Fragen, die zuhause leider zu häufig tabu seien, glaubt die 27-Jährige: „Viele Eltern haben Scheu davor, mit ihren Kindern darüber zu sprechen.“ Umso wichtiger sei es, die Mädchen und Jungen in der Schule an die Hand zu nehmen. Wie das aussehen kann, zeigt die „Rede an die Menschheit“, die die Schüler der vierten Klassen in Saalmanns Religionsunterricht verfasst haben.

„Hört mir zu, ihr Menschen!“, schreibt Greta (9). „Warum müssen Kriege entstehen? Stellt euch doch mal vor, ihr kommt nach Hause und da kommt ein Schuss und ihr seid tot. Oder euer Haus ist abgeschossen und ihr müsst Angst um euer Leben haben, so wie die Flüchtlinge. Die gehen auf ein kleines Boot mit sehr vielen Menschen, die alle vor dem Krieg flüchten. Mitten auf dem Meer kommt ein Sturm und ihr müsst ertrinken. Oder ihr schafft es bis nach Europa und keiner kümmert sich um euch und ihr müsst wieder zurück. Muss das passieren?“

Jonathan hat ganz konkrete Vorstellungen davon, „was doof ist und was man verbessern sollte: Wenn jemand reich ist, sollte er sein Geld nicht nur für eine Villa oder einen Luxusschlitten ausgeben, sondern anderen damit helfen, denn das hat viele Vorteile“, findet der Neunjährige. „Man lernt Menschen kennen und freundet sich an. Du tust Gutes für dich und andere. Du wirst ein Vorbild.“

Mit ihrer Mutter redet Valeria (9) nicht über die Bilder von Krieg und Armut, die sie im Fernsehen sieht. „Es macht mich traurig, dass Menschen sterben, wenn ein Boot voller Flüchtlinge untergeht“, erzählt die Viertklässlerin. In ihrer Rede schreibt sie: „Vielen Menschen geht es schlecht, Kinder müssen beim Krieg mitmachen. In Afrika gibt es Leute, die verhungern müssen. Stellt euch mal vor, ihr wärt das . . .“ Rubina fordert mehr Verständnisse für Flüchtlinge: „Wenn ich ein Flüchtling wäre, wäre ich auch nach Deutschland gekommen.“

Die Reden zeigten, dass die Schüler eine sehr genaue Vorstellung von Krieg, Gewalt, Armut und Leid auf der Welt haben, sagt die Referendarin. „Ich finde es wichtig, dass die Leute mitbekommen, welche Gedanken sich Kinder im Alter von neun Jahren machen“, sagt Rebecca Saalmann. Und sie hofft, „dass der ein oder andere so vielleicht über seine eigene Einstellung nachdenkt“.

Vor allem gehe es ihr aber darum, im Unterricht Themen zu besprechen, die nah an der Lebenswelt der Schüler sind, „die Kinder abzuholen mit ihren Ängsten und Sorgen“. Auch wenn es nicht auf jede Frage eine Antwort gebe — „wir können zumindest über alles sprechen“.

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